Die «Balkanisierung» Jugoslawiens
von Prof. Dr. Michel Chossudovsky, Kanada
Als schwer bewaffnete US- und Nato-Truppen den Frieden in Bosnien sicherten, stellten Presse und Politiker die westliche Intervention im ehemaligen Jugoslawien als noble, wenn auch schmerzlich späte Reaktion auf den Ausbruch ethnischer Massaker und Menschenrechtsverletzungen dar. Nach dem Friedensabkommen von Dayton im November 1995 beeilte sich der Westen, sein Selbstbild als Retter der Südslawen aufzupolieren und an den «Wiederaufbau» der neu entstandenen «souveränen» Staaten zu gehen.
Die Gründe für den Krieg waren schnell gefunden, die öffentliche Meinung im Westen wurde geschickt getäuscht. Nach der landläufigen Auffassung, wie sie sich in den Schilderungen Warren Zimmermanns, des ehemaligen US-Botschafters in Jugoslawien, zeigte, war das Elend des Balkans Ergebnis eines «aggressiven Nationalismus», das unvermeidliche Resultat von tief verwurzelten ethnischen und religiösen, historisch verankerten Spannungen. Ausserdem wurde viel Aufhebens vom «Machtspiel» auf dem Balkan und vom Aufeinanderprallen politischer Persönlichkeiten gemacht: Franjo Tudjman und Slobodan Milosevic, so sagte man, hätten Bosnien-Herzegowina in Stücke gerissen.
Was unter der Flut von Bildern und eigennützigen Analysen verschüttet wurde, sind die wirtschaftlichen und sozialen Gründe des Konflikts. Die tiefe Wirtschaftskrise, die dem Krieg vorausging, ist lange vergessen. Die strategischen Interessen Deutschlands und der USA an der Auflösung Jugoslawiens bleiben unerwähnt, ebenso wie die Rolle der Auslandsgläubiger und der internationalen Finanzorganisationen. In den Augen der globalen Medien tragen die Westmächte keine Verantwortung für die Verarmung und Zerstörung einer Nation von 24 Millionen Menschen.
Doch durch ihre Beherrschung des globalen Finanzsystems trugen die westlichen Mächte dazu bei, in Verfolgung ihrer nationalen und gemeinsamen strategischen Interessen die jugoslawische Wirtschaft auf die Knie zu zwingen, und fachten die schwelenden sozialen und ethnischen Konflikte des Landes an. Nun sind es die kriegsverwüsteten Nachfolgestaaten Jugoslawiens, die versuchen müssen, die Gunst der Gnadenbeweise der internationalen Finanzgemeinschaft zu erlangen.
Während sich die Welt noch auf Truppenbewegungen und Waffenstillstände konzentrierte, waren die internationalen Finanzorganisationen längst eifrig dabei, die Auslandsschulden des ehemaligen Jugoslawien von den Nachfolgestaaten einzutreiben und den Balkan in einen sicheren Hafen für freies Unternehmertum zu verwandeln. Mit dem von Nato-Gewehren gesicherten bosnischen Friedensabkommen präsentierte der Westen Ende 1995 ein «Wiederaufbau»-Programm, das dieses geschundene Land seiner Souveränität in einem Masse beraubte, wie es in Europa seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs nicht mehr geschehen war. Das Programm bestand weitgehend daraus, aus Bosnien ein geteiltes Land unter militärischer Besetzung der Nato und unter westlicher Administration zu machen.
Neokolonie Bosnien
Mit dem Abkommen von Dayton, das eine bosnische «Verfassung» schuf, installierten die USA und ihre europäischen Verbündeten in Bosnien eine voll ausgebildete Kolonialadministration. An ihrer Spitze stand zunächst der UN-Sonderbeauftragte Carl Bildt, ein ehemaliger schwedischer Premierminister und EU-Vertreter in den bosnischen Friedensverhandlungen. Bildt erhielt volle Exekutivgewalt in allen Zivilangelegenheiten mit dem Recht, die Regierungen der bosniakisch-kroatischen Föderation Bosnien und Herzegowina sowie der Republika Srpska, der serbischen Gebietseinheit Bosniens zu überstimmen. Um keinerlei Zweifel aufkommen zu lassen, bestimmte das Abkommen, dass der «Sonderbeauftragte die letzte Autorität im Hinblick auf die Interpretation der Vereinbarungen ist». Er sollte mit dem Oberkommando der Internationalen Schutztruppe (IFOR) ebenso zusammenarbeiten wie mit den Gläubigern und Kreditgebern.
Der UN-Sicherheitsrat hatte dem Sonderbeauftragten auch eine internationale Polizeitruppe unterstellt. Zum Kommandeur dieser 1700 Polizisten aus 15 Ländern wurde der Ire Peter Fitzgerald ernannt, der Erfahrungen bei UN-Polizeieinsätzen in Namibia, El Salvador und Kambodscha hatte.
Die neue Verfassung, die dem Dayton-Abkommen als Anhang beigefügt war, überantwortete die Herrschaft über die Wirtschaftspolitik dem IWF, der Weltbank und der Osteuropabank (EBWE) mit Sitz in London. Der IWF wurde ermächtigt, den ersten Präsidenten der bosnischen Zentralbank zu ernennen, der, wie der Sonderbeauftragte, «kein Bürger von Bosnien und Herzegowina oder eines Nachbarstaates» sein sollte. Unter der Regentschaft des IWF ist es der Zentralbank allerdings nicht erlaubt, Zentralbankfunktionen auszuüben: «In den ersten sechs Jahren […] darf sie keine Kredite durch Geldschöpfung gewähren und operiert in dieser Hinsicht als Währungsrat.» Bosnien ist es auch nicht erlaubt, seine eigene Währung einzuführen, und darf Banknoten nur dann ausgeben, wenn sie voll durch Devisen gedeckt sind. Somit kann das Land auch nicht seine internen Kapitalressourcen mobilisieren: Die Möglichkeit, den Wiederaufbau des Landes durch eine unabhängige Geldpolitik selbst zu finanzieren, wurde von Anfang an vereitelt.
Während die Zentralbank unter Vormundschaft des IWF steht, leitet die Osteuropabank eine Kommission, die seit 1996 die Tätigkeit aller Staatsunternehmen in Bosnien beaufsichtigt, darunter in den Bereichen Energie, Wasser, Post, Telekommunikation und Transport. Der Präsident der Bank ernennt den Kommissionsvorsitzenden und ist für die Umstrukturierung des öffentlichen Sektors verantwortlich, das heisst für den Verkauf von Staatsunternehmen und Kollektivbetrieben sowie für die Beschaffung langfristiger Investitionsmittel. […]
Die «stille Revolution» des Nationalen Sicherheitsrates
Der sozialistische Vielvölkerstaat Jugoslawien war einst eine regionale und durchaus erfolgreiche Industriemacht. In den 60er und 70er Jahren betrug das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts im Durchschnitt 6,1%, die Gesundheitsversorgung war frei, die Alphabetisierungsrate lag bei 91%, die Lebenserwartung bei 72 Jahren. Aber nach einer Dekade westlicher «Wirtschaftshilfe» und einem Jahrzehnt des Zerfalls, Krieges, Boykotts und Embargos lag die Wirtschaft des ehemaligen Jugoslawien am Boden, war ihre industrielle Basis zerstört.
Jugoslawiens Implosion war zum Teil das Werk der USA. Trotz der Blockfreiheit des Landes und seiner relativ intensiven Handelsbeziehungen mit den EU-Staaten und den USA nahm die Reagan-Regierung die jugoslawische Wirtschaft in einer geheimen Direktive des Nationalen Sicherheitsrates von 1984 (NSDD 133) mit dem Titel «US-Politik gegenüber Jugoslawien» aufs Korn. 1990 wurde die zensierte Fassung einer früheren Direktive über Osteuropa von 1982 (NSDD 64) veröffentlicht, die für «grössere Anstrengungen» eintrat, «um eine ‹stille Revolution› zum Sturz der kommunistischen Regierungen und Parteien» zu fördern und die Länder Osteuropas in eine marktorientierte Wirtschaft einzugliedern.
Bereits 1980, kurz vor dem Tod Josip Titos, hatten sich die USA zusammen mit den anderen internationalen Gläubigern Belgrads zusammengetan, um erste Wirtschaftsreformen in Jugoslawien zu erzwingen. Diese erste Runde von Umstrukturierungen gab das Muster der folgenden vor.
Separatistische Tendenzen, die sich aus sozialen und ethnischen Unterschieden nährten, gewannen genau in dieser Periode brutaler Verarmung der jugoslawischen Bevölkerung an Einfluss. Die Wirtschaftsreformen «richteten ein wirtschaftliches und politisches Chaos an. […] Langsameres Wachstum, die Anhäufung von Auslandsschulden, und besonders die Kosten des Schuldendienstes und die Abwertung führten zu einem Sinken des durchschnittlichen Lebensstandards der Jugoslawen. […]. Die Wirtschaftskrise bedrohte die wirtschaftliche Stabilität. […] Sie drohte ausserdem die schwelenden ethnischen Spannungen zu verschärfen.»
Diese Reformen, begleitet von Umschuldungsvereinbarungen mit staatlichen und privaten Gläubigern, dienten auch dazu, die bundesstaatlichen Institutionen zu schwächen, indem sie politische Gegensätze zwischen Belgrad und den Regierungen der Bundesstaaten und autonomen Provinzen schürten. «Die Premierministerin Milka Planinc, die das Programm durchführen sollte, musste dem IWF einen sofortigen Anstieg der Diskontsätze und noch weitere Massnahmen aus dem Arsenal der Reagonomics versprechen.» Und während der ganzen 80er Jahre verschrieben IWF und Weltbank Jugoslawien in regelmässigen Abständen weitere Dosen ihrer bitteren Medizin, während die Wirtschaft des Landes langsam ins Koma fiel.
Von Anfang an liefen die aufeinanderfolgenden IWF-Programme auf die Auflösung des jugoslawischen Industriesektors hinaus. Nach der Anfangsphase der makroökonomischen Reform 1980 sank das Industriewachstum bis 1987 auf 2,8%, stürzte zwischen 1987 und 1988 auf null Prozent und verwandelte sich bis 1990 in ein negatives Wachstum von zehn Prozent. Die damit einhergehenden Effekte sind den Lesern dieses Buches mittlerweile nur allzu vertraut: Auflösung des Wohlfahrtsstaates, wachsende Auslandsverschuldung, sinkender Lebensstandard.
Im Herbst 1989, kurz vor dem Fall der Berliner Mauer, traf der jugoslawische Premierminister Ante Markovic in Washington mit Präsident Bush zusammen, um Verhandlungen über ein neues finanzielles Hilfspaket abzuschliessen. Im Gegenzug willigte Jugoslawien in noch umfassendere Wirtschaftsreformen ein, vor allem in die Beseitigung der von den Arbeitern selbst verwalteten Betriebe in Kollektivbesitz. Die Belgrader Nomenklatura hatte mit Unterstützung westlicher Berater den Boden für Markovics Mission bereitet und schon vorher mit vielen der geforderten Reformen begonnen, darunter mit einer weitgehenden Aufhebung ausländischer Investitionsbeschränkungen.
Die Schocktherapie zeigt Wirkung
Die Schocktherapie begann im Januar 1990 mit einer Sofortvereinbarung mit dem IWF und einem Strukturanpassungskredit der Weltbank. Obwohl die Inflation die Einkommen aufgezehrt hatte, ordnete der IWF die Einfrierung der Löhne auf dem Niveau von Mitte November 1989 an. Die Preise stiegen weiterhin ungehemmt, und die Reallöhne brachen in den ersten sechs Monaten von 1990 um 41% ein. Und die Staatseinnahmen, die als Transferzahlungen an die Republiken hätten gehen sollen, wurden statt dessen für den Schuldendienst Belgrads beim Pariser und Londoner Club verwendet. Die Republiken und autonomen Provinzen blieben weitgehend auf sich gestellt.
Mit einem Schlag hatten die Reformen den Zusammenbruch der jugoslawischen Haushaltsstruktur herbeigeführt und die föderalen politischen Institutionen tödlich getroffen. Durch die Kappung der Finanzadern zwischen Belgrad und den Republiken fachten die Reformen separatistische Tendenzen an, die sich aus ethnischen Spannungen speisten und durch die schwierige Wirtschaftslage Auftrieb erhielten. Die vom IWF ausgelöste Haushaltskrise schuf somit vollendete Tatsachen: Sie führte de facto zur wirtschaftlichen Spaltung Jugoslawiens und ebnete den Weg für Kroatiens und Sloweniens formale Abspaltung im Juni 1991. […]
Nach offiziellen Angaben mussten 1989 schon 248 Firmen Konkurs anmelden oder wurden liquidiert. Das betraf 89 400 Arbeiter. In den ersten neun Monaten des Jahres 1990, direkt nach Einführung des IWF-Programms, teilten weitere 889 Unternehmen mit insgesamt 525 000 Arbeitern dasselbe Schicksal. In weniger als zwei Jahren hatten die Abwicklungsmechanismen der Weltbank folglich 614 000 von insgesamt 2,7 Millionen Industriearbeitern der Arbeitslosigkeit überantwortet. Am stärksten waren Serbien, Bosnien-Herzegowina, Mazedonien und Kosovo von Unternehmenskonkursen und Entlassungen betroffen. Viele Kollektivbetriebe versuchten, dem Bankrott dadurch zu entgehen, dass sie die Löhne nicht auszahlten. Eine halbe Million Arbeitnehmer, etwa 20% der Beschäftigten in der Industrie, erhielt in den ersten Monaten von 1990 keinen Lohn. […]
Das gleichzeitige Auftauchen von Milizen, die nur ihren separatistischen Führern loyal ergeben waren, beschleunigte den Abstieg ins Chaos. Diese Milizen, verdeckt finanziert von den USA und Deutschland, fragmentierten mit ihren eskalierenden Greueltaten die Reste der bundesstaatlich orientierten Arbeiterbewegung und spalteten die Bevölkerung nach ethnischen Grenzen. Und als sich die Republiken untereinander an die Kehle sprangen, stürzten die Wirtschaft und die Nation in einen teuflischen Abgrund.
Die Sparmassnahmen hatten die Grundlage für die Rekolonialisierung Südeuropas gelegt. Ob dafür Jugoslawien unbedingt auseinanderbrechen musste, ob also wahrhaftig eine «Balkanisierung» des Balkans auf der Tagesordnung stand, war unter den Westmächten umstritten. Deutschland drängte auf Unterstützung der Separatisten, während die USA, besorgt, eine nationalistische Pandorabüchse zu öffnen, zunächst für den Erhalt Jugoslawiens plädierten.
Nach dem Wahlsieg von Franjo Tudjman und seiner rechtsgerichteten Demokratischen Union in Kroatien im Mai 1990 gab der deutsche Aussenminister Hans-Dietrich Genscher, der in fast täglichem Kontakt zu seinem Kollegen in Zagreb stand, grünes Licht für die Abspaltung Kroatiens. Deutschlands Unterstützung war nicht passiv; es übte diplomatischen Druck aus und drängte seine westlichen Verbündeten, Slowenien und Kroatien anzuerkennen. Deutschland wollte sich unter seinen Alliierten freie Hand verschaffen, «um wirtschaftliche Dominanz über Mitteleuropa zu gewinnen». […]
In Kroatien war die Regierung unter Tudjman gezwungen, bereits 1993 auf der Höhe des Bürgerkrieges eine Vereinbarung mit dem IWF zu unterzeichnen. Im Tausch gegen frische Kredite vor allem zur Bedienung der Auslandsschulden Zagrebs stimmte die Regierung Kroatiens weiteren Fabrikschlies sungen und Konkursen zu, was die Löhne auf ein erbärmliches Niveau trieb. Die offizielle Arbeitslosenrate stieg von 15,5%1991 auf 19,1% 1994. […]
Nach den Bombardierungen wurden Kosovo Marktreformen aufgezwungen, die weitgehend den Bestimmungen der Vereinbarung von Rambouillet folgten, welche ihrerseits nach dem Modell des Dayton-Abkommens gestaltet worden waren. Artikel I (Kapitel 4a) des Rambouillet-Abkommens bestimmte, dass die Wirtschaft Kosovos «den Prinzipien des freien Marktes» genügen sollte. […]
In der Zwischenzeit wurden die jugoslawischen Staatsbanken in Pristina geschlossen. Die D-Mark wurde als offizielles Zahlungsmittel eingeführt, und die Commerzbank übernahm beinahe das gesamte Bankensystem und damit die völlige Kontrolle über die Geschäftsbankentätigkeit in Kosovo einschliesslich der Geldtransfers und Devisentransaktionen.
Unter der westlichen Militärbesetzung sollen die reichen mineralischen Bodenschätze und Kohlevorräte zu Schleuderpreisen an ausländisches Kapital versteigert werden. Bereits vor der Bombardierung hatten westliche Investoren ihre begehrlichen Blicke auf den riesigen Trepca-Industriekomplex gerichtet, «die wertvollste Immobilie auf dem Balkan mit einem Wert von fünf Milliarden Dollar». Der Trepca-Komplex birgt nicht nur Kupfer und grosse Zinkreserven, sondern auch Kadmium, Gold und Silber. Zu ihm gehören mehrere Schmelzen, 17 Metallverarbeitungsstätten, ein Kraftwerk und Jugoslawiens grösstes Batteriewerk. In Nordkosovo gibt es ausserdem Kohle- und Braunkohlevorräte in einer Grössenordnung von 17 Millionen Tonnen.
Quelle: Michel Chossudovsky. Global Brutal. Der entfesselte Welthandel, die Armut, der Krieg, 2002, ISBN 3-86150-441-3
Seit dem Kosovokrieg von 1999, der die Frage nach der Rolle der Medien im Krieg und nach Krisenkommunikation überhaupt in einer relativ breiten Öffentlichkeit thematisierte, ist eine explosionsartig angewachsene und kontinuierlich wachsende Menge an Literatur zum Thema Medien und Krieg zu verzeichnen. Damit scheint eine lange geltende kommunikationswissenschaftliche Gesetzmäßigkeit außer Kraft gesetzt worden zu sein, wonach jeder Krieg eine Medienkrise hervorruft, in der sich die Medienschaffenden veranlasst sehen, zu fragen, wie sie über den Krieg kommuniziert haben, um anschließend alsbald wieder zur Tagesordnung überzugehen und wenig bis gar keine Lehren aus dem zurückliegenden für den nächsten Krieg zu ziehen.
Dass es jetzt aber eine offenbar gestiegene und eine mehr oder weniger andauernde Sensibilität für den Umgang der Medien mit Kriegen gibt, hat vermutlich vor allem zwei Gründe. Erstens haben uns der 11. September 2001 und seine Folgen praktisch in den Zustand eines permanenten Krieges versetzt, was wiederum eine permanente Auseinandersetzung mit Inhalten und Formen der Kommunikation über Krieg hervorruft und erforderlich macht. Zweitens ist, verbunden mit einem rasch wachsenden, globalisierten technologischen Fortschritt, eine rasante Veränderung der Quantität und Qualität von Kriegs- und Krisenkommunikation eingetreten, die vorläufig mehr Fragen aufwirft, als Antworten gegeben werden können.
Auch innerhalb der Friedensforschung ist eine Konjunktur dieses Themas zu verzeichnen. Auffällig jedoch ist dabei generell, dass – nicht nur in der Friedensforschung – zwei wichtige Aspekte der komplexen Problematik eher ein Schattendasein fristen. Da wären zum einen die Balkankriege der neunziger Jahre, die über den Kosovokrieg hinaus kaum Interesse wecken, obschon der Nato-Krieg gegen Jugoslawien in vielerlei Hinsicht – auch medial – auf ihnen aufgebaut hat. Und da wäre zum anderen die Frage nach der Beeinflussung von Kriegs- und Kri senkommunikation, also auch der von Medien, durch Public Relations-Maßnahmen, ein Gesichtspunkt, der zugegebenermaßen methodisch schwer greifbar ist, weil sich PR seiner Natur nach dem Element der Transparenz und damit einer systematischen Analyse verweigert.
Quelle: Operation Balkan: Werbung für Krieg und Tod, Seiten 9/10
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