»Blackstone ist der Antreiber«

heuschrecke.jpgFinanzinvestor forciert Zerschlagung der Telekom. Ein Gespräch mit Mike Döding

Interview: Daniel Behruzi

Mike Döding ist Fachbereichsleiter Telekommunikation/IT/DV im ver.di-Landesbezirk Berlin-Brandenburg

Heute findet eine Großdemonstration der Telekom-Beschäftigten in Bonn statt. Wogegen richtet sich der Protest?

Die Telekom hat angekündigt, die T-Com, das ist der größte Konzernbereich, zum 1. Juli diesen Jahres auszugliedern. Davon wären weit mehr als 60000 Menschen betroffen. Auch den anderen Beschäftigten droht ein weiteres Anziehen der Kostenschraube. Dagegen wehren sich die Kolleginnen und Kollegen.

Welche Folgen befürchten Sie im Falle der Ausgliederung?

Wenn sich die Telekom-Spitze damit und mit den angekündigten Kürzungen durchsetzt, dann bedeutet das für die Kollegen schlicht und ergreifend eine Halbierung ihrer Entgelte. Auch ist von einer Verlängerung der Wochenarbeitszeit von derzeit 34 auf »mindestens« 38 Stunden die Rede. Allein diese Formulierung zeigt schon, daß man 40 Stunden oder noch mehr will. Die gesamten Bedingungen sollen verschlechtert werden. So wird der momentan noch geltende Ausschluß betriebsbedingter Kündigungen in Frage gestellt. Zum einen geht es also um die Tarifsituation nach einer Ausgliederung, zum anderen treibt die Kollegen die Frage um, ob nach einer Ausgliederung der Verkauf folgt. Das könnte dann in einem Szenario à la Siemens/BenQ enden.


Halten Sie es für möglich, die Ausgliederung von Unternehmensteilen zu verhindern?

Tarifpolitisch kann man das nicht. Wir können lediglich die tariflichen Konditionen regeln. Dennoch versuchen wir, Druck auf die Anteilseigner auszuüben, denn schließlich könnte der Aufsichtsrat sagen: Nein, das machen wir nicht. Hier stellt sich auch die Frage, wie sich der Bund als größter Anteilseigner verhält. Der Investmentfonds Blackstone, der Antreiber dieser Unternehmenspolitik ist, wird sicherlich nicht zurückzucken.
Beim kürzlich erfolgten Verkauf der Vivento Customer Services (VCS) ist aber auch die Verteidigung der Tarifstandards nicht sonderlich gut gelungen. Ab 2012 gelten dort einem von ver.di unterschriebenen Tarifvertrag zufolge Stundenlöhne von 5,11 Euro.

Ver.di ist derzeit dabei, in dem aufgekauften Betrieb Strukturen aufzubauen, die sicherstellen sollen, daß auch nach Auslaufen der Bestandssicherung dort nicht derart niedrige Löhne gezahlt werden.

Um eine ähnliche Entwicklung bei T-Service zu verhindern, dürfte mehr nötig sein als die heutige Demonstration. Wären Sie in der Lage, den Druck zu steigern?

Mit Sicherheit. Wir werden jetzt abwarten, was der Aufsichtsrat beschließt. Einen umfangreichen Forderungskatalog haben wir bereits formuliert. Je nachdem, wie die Telekom-Spitze weiter vorgeht, werden wir die Auseinandersetzung darum auf der Straße austragen müssen.

Ihre Gewerkschaft hat ein »beschäftigungspolitisches Stabilitätskonzept« vorgelegt. Was sind die zentralen Punkte darin?

Es besteht aus zwei Komponenten. Zum einen sind das beschäftigungspolitische Forderungen wie der Ausschluß betriebsbedingter Kündigungen, Stopp des Verkaufs weiterer Unternehmenseinheiten, Ende des Personalabbaus und die langfristige Bereitstellung von 4000 Ausbildungsplätzen sowie die Weiterbeschäftigung aller Nachwuchskräfte. Zum anderen geht es um den Erhalt der Einkommen.

Um eins klarzustellen: Wir wehren uns nicht gegen eine Verbesserung des Service an sich. So können wir uns beispielsweise die Einführung von Langzeitkonten vorstellen, um damit Kapazitätsschwankungen ausgleichen und die Arbeitsabläufe optimieren zu können.

Wie beurteilen Sie die längerfristige Entwicklung des Konzerns?

Ähnlich wie viele andere Großunterunternehmen ist die Telekom dabei, eine Finanzholding mit angeschlossener Kommunikationsabteilung zu werden. Wenn innerhalb von sechs Wochen zwei Gewinnwarnungen herausgegeben, die Dividendenzahlungen aber nicht verringert werden, dann ist klar, wer die treibende Kraft ist: Blackstone. Und die Bundesregierung ist offensichtlich nicht gewillt, ihr Gewicht im Aufsichtsrat geltend zu machen, um das zu verhindern – wohl weil auch der Bund seine bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau geparkten Aktien verkaufen will und sich durch dieses Vorgehen einen höheren Börsenkurs erhofft.

Welche Alternativen sieht ver.di zu dieser Unternehmensstrategie?

Man sollte die Arbeitsprozesse in Ordnung bringen, das Chaos beseitigen und die Menschen einfach mal in Ruhe arbeiten lassen, dann kommen auch die entsprechenden Ergebnisse. Das beweist das Jahr 2005, als Personalabbau und Umorganisationsmaßnahmen per Tarifvertrag zeitweilig ausgeschlossen waren. Das hat dazu geführt, daß die Telekom das beste Geschäftsergebnis ihrer Unternehmensgeschichte eingefahren hat – der Gewinn vor Steuern lag bei etwa 20 Milliarden Euro. Kaum fing die Umorganisation 2006 wieder an, brach das Geschäftsergebnis ein.

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