Die britische ID-Karte: freiwillig Zuhause bleiben
von Twister (Bettina Winsemann)
Die britische Regierung betont bei der Einführung der ID-Karte stets, dass es nicht zur Pflicht wird, eine solche Karte zu besitzen. Doch die vielgepriesene Freiwilligkeit wird zur Farce.
Während man sich in Deutschland beispielsweise schon lange mit dem Personalausweis und dem Meldesystem arrangiert hat, verzichtet Großbritannien weiterhin auf beides. Als Dokument für die Identitätsfeststellung (und nicht zuletzt als Reisedokument) gilt hier der Reisepass. Seit 2004 jedoch ist die ID-Card beschlossene Sache, welche mit biometrischen Merkmalen ausgestattet ist und ab 2007 ausgegeben werden soll - bisher gibt es lediglich Testphasen. Anders als in Deutschland ist die Einführung der Karte jedoch an die zeitgleiche Einführung einer nationalen Datenbank geknüpft. Die NIR-Terminals (National Identity Register) werden weiterhin eine immer genauere Profilerstellung ermöglichen, indem jegliches Prüfen der Identität durch Firmen, Behörden usw. auch in der Datenbank vermerkt wird und somit nachvollziehbar wird.
Um dem wachsenden Widerstand gegen die ID-Card zu begegnen, bemühte sich die britische Regierung einerseits, die Bedenken der Datenschützer zu zerstreuen, andererseits aber auch Kritikpunkte wie eine Pflicht zur ID-Card oder die hohen Kosten für den Bürger zu entkräften. Hinsichtlich der Kosten erwies man sich durch die Überlegung, die biometrischen Daten an die Wirtschaft zu verkaufen, jedoch einen Bärendienst (Britische Regierung erwägt Verkauf persönlicher Daten der Bürger an Unternehmen). Und auch im Hinblick auf die vielgepriesene Sicherheit sieht es nicht sehr gut aus.
Die Freiwilligkeit war stets ein wichtiges Argument der Befürworter der ID-Card. Niemand würde gezwungen werden, eine solche Karte zu besitzen, so dass derjenige, der die Karte aus Datenschutzbedenken (beispielsweise) ablehnt, selbstverständlich sich frei entscheiden kann, auf die Karte zu verzichten. Die britische Initiative NO2ID sah in diesem Argument von Anfang an eine Nebelkerze, welche lediglich geworfen würde, um den Widerstand aufzuweichen. Die Freiwilligkeit wurde von ihr angezweifelt. Im Laufe der Zeit kristallisierte sich heraus, dass es insbesondere hinsichtlich der Pflicht, eine ID-Card zu besitzen, und der Pflicht, diese ID-Card stets bei sich zu tragen, eher ausweichende Antworten der Regierung gab. Betont wurde jedoch, dass ein “Opt-Out” aus dem sogenannten ID-Card-Scheme möglich sei. Diese Lösung war notwendig, um die Einführung der ID-Cards überhaupt zu ermöglichen, ohne sie hätte sich das House of Lords entschieden dagegen ausgesprochen.
Sie müssen keine Karte besitzen, aber…
Tatsächlich gibt es die Möglichkeit eines Opt-Out für jeden. Sie teilt sich in zwei Stufen, welche beide veranschaulichen, dass die Einschätzung von NO2ID durchaus zutraf:
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1. Verzicht auf eine ID-Card
Da die ID-Card an den Reisepass gekoppelt ist, wird bei Neubeantragung oder Verlängerung des Reisepasses automatisch eine Abgabe der (biometrischen) Daten verlangt. Wer die ID-Card ablehnt, kann darauf verzichten, eine solche Karte zu erhalten. Dies bedeutet jedoch weder, dass er keine Daten abgeben muss, noch dass er geringere Kosten erwarten kann. Der Betrag in Höhe von 93 britischen Pfund ist in jedem Falle zu bezahlen. Ein Opt-Out bedeutet insofern lediglich ein Verzicht auf die Aushändigung einer ID-Card. Der betreffende Bürger wird ansonsten genauso behandelt wie jemand, der sich bereit erklärt hat, eine ID-Card zu erhalten.
2. Verzicht auf ID-Card und Reisepass
Wer die ID-Card gerade wegen der zu erhebenden Daten und der dahinterstehenden Datenbank ablehnt, hat die Möglichkeit, diese Daten nicht zur Verfügung zu stellen. Dies bedeutet jedoch nicht nur, dass keine ID-Card ausgehändigt wird, sondern auch den Verzicht auf einen Reisepass, welcher aus Identitätsfeststellungs- und Reisedokument aber praktisch unerlässlich ist.
Die letzte Studie zur Akzeptanz der ID-Card ergab, dass 12% der Briten sich gegen die Karte aussprechen und bereit sind, Geld- oder Haftstrafen in Kauf zu nehmen, sollte eine Nichtakzeptanz dazu führen. Für diese 12% heißt es also: entweder nachgeben oder auf die Möglichkeit, England jemals zu verlassen, zu verzichten.
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