Krieg bedeutet Frieden, Freiheit ist Sklaverei, Unwissenheit ist Stärke
Von Michael Schulze von Glaßer
George Orwell beschreibt in seinem Bestseller Roman „1984“ einen totalitären Überwachungs- und Präventivstaat in dem eine andere Meinung als die der Herrschenden unmöglich erscheint. Orwell stellt in seiner Anti-Utopie viele Instrumente der Unterdrückung vor, das wohl grausamste ist neben der Überwachung die Einführung einer neuen Sprache: Neusprech.
Die Sprache wurde von der „Partei“ eingeführt um jede Art des alternativen Denkens zu unterbinden. Dies geschieht mit der Reduzierung des Wortschatzes und Sinnumkehrungen. Orwells Roman mag unwirklich und unrealistisch erscheinen, doch sind wir schon im Anfangsstadium seiner Anti-Utopie:
Luftsicherheitsgesetz
Der vom Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) erstellte Gesetzesentwurf, dessen Zulassung bisher vor dem Verfassungsgericht scheiterte, soll es Piloten deutscher Kampfflugzeuge erlauben mutmaßlich entführte Passagierflugzeuge abzuschießen bevor diese als Waffe missbraucht werden können. Dies hieße, dass über deutschem Boden mit Raketen geschossen würde, hunderte Menschen in dem Passagierflugzeug sterben müssten und das Flugzeugwrack irgendwo auf das dicht besiedelte Deutschland abstürzen würde. Mit großer Wahrscheinlichkeit werden Terroristen mit der Maschine sensible Regierungsgebäude zerstören wollen. Diese würden bei einer Flugzeugentführung auch schon heute sofort benachrichtigt und evakuiert. Die Bezeichnung „Luftsicherheitsgesetz“ ist schlicht weg falsch, weil es keine Sicherheit bringt. Zumal es nicht das Problem der Flugzeugentführung, sondern nur ein Symptom „die entführte Maschine“ bekämpft.
Bundesministerium der Verteidigung
In Orwells Roman wird die Hauptfigur in das „Ministerium der Liebe“ verschleppt. Dort gibt es so genannte „Lustlager“. Nun warten dort jedoch keine Playmates auf die Hauptfigur sondern Folter, Verhöre und Gewalt. Beschönigungen wie in „1984“ lassen sich auch heute finden: Franz Josef Jung (CDU) ist deutscher Verteidigungsminister und Befürworter der Bundeswehreinsätze im Ausland. Doch verteidigt die Marine bei ihrem UNIFIL-Einsatz vor der libanesischen Küste wirklich Deutschland? Verhindert der Oberbefehlshaber mit dem Einsatz einen Krieg gegen die Bundesrepublik? Wird es nur einen Terroranschlag weniger in Deutschland geben, weil die deutsche Marine die libanesischen Gewässer bewacht? Das Wort „Verteidigungsminister“ ist ebenso falsch wie die Bezeichnung „Bundesministerium der Verteidigung“ denn verteidigen tun diese Deutschland zurzeit in keiner Weise.
Hochschulfreiheitsgesetz
Frei sein sollen auch die Hochschulen. Daher beschloss die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen im Oktober 2006 das so genannte „Hochschulfreiheitsgesetz“. Das Gesetz soll den Hochschulen mehr Autonomie ermöglichen und den Wettbewerb fördern. Dabei werden die Hochschulen den marktwirtschaftlichen Zwängen unterworfen und stehen nun im Wettbewerb zu einander. Die Folge: Bildung wird zur Ware. Nicht nur, dass es sich keine Hochschule mehr leisten kann keine Studiengebühren zu erheben, nun müssen auch Profite eingefahren werden und für die Universität geworben werden. Den Studenten, die an den Unis studieren, bringt die Mehrbelastung durch die Gebühren keine Freiheit. Noch freuen sich die Hochschulen über den schönen Schein im Kapitalismus frei zu sein. Es gab allerdings schon Meldungen darüber, dass die eingenommenen Studiengebühren sinnentfremdet verpraßt wurden und damit der ursprünglich genannte Zweck, der zur Einführung der Studiengebühren genannt wurde, nicht erfüllt wurde.
Freiwillige Ausreise und Begrüßungszentren
Diese beiden Begriffe wurden sogar schon zum Unwort des Jahres 2006 ( „Freiwillige Ausreise“) und 2004 („Begrüßungszentren“) prämiert. Von den Behörden wird als „Freiwillige Ausreise“ bezeichnet, wenn ein Asylbewerber “freiwillig” in ihre Heimat zurückkehrt, um der Abschiebung mit Zwangsmitteln zu entgehen. Mit „Begrüßungszentren“ meinen Politiker und Behörden Auffanglager für ankommende, oft halb verhungerte Flüchtlinge. Diese Lager gibt es beispielsweise auf den Kanaren, wo in den letzten Monaten Tausende halb verhungerter Flüchtlinge mit kleinen Holzbooten eintrafen. Wenn es um die Ausländerpolitik geht, werden Wörter besonders gern verschleiert und beschönigt.
Operation Enduring Freedom (zu deutsch: Operation dauerhafte Freiheit)
Neben der Ausländerpolitik wird besonders beim anderen, für viele Politiker eher unangenehmen Thema verschleiert und die Öffentlichkeit mit sinnlosen Phrasen und Wörtern, deren Bedeutung die Realität verkennen, getäuscht. Ob der Einsatz der deutschen Marine, die am Horn von Afrika stationiert ist, irgend jemanden mehr Freiheit bringt ist ungewiss. Wie sagt der Volksmund doch: „Freiheit stirbt mir Sicherheit“ . Dauerhafte Freiheit soll die Militäroperation auch den Afghanen bringen, doch werden die Medien in dem durch Zensur-Land zunehmend unfreier, was nicht heißen soll, dass es nicht doch besser als unter den grausamen Taliban ist. Operationen werden meist im Krankenhaus durchgeführt und sind exakte Eingriffe eines Mediziners, um die Situation des Patienten erträglicher zu machen. Dass die US-Air Force Präzisionswaffen besitzt, darf nicht über den Tod unschuldiger Zivilisten durch amerikanische Waffen hinwegtäuschen. Sogar eine Atombombe könnten die Amerikaner wohl auf den Zentimeter genau in ein Ziel lenken, doch die Explosion würde alles im Umkreis von Kilometern zerstören. Was bringt die Präzision? Eine Beruhigung der (an Gedanken verarmten) Öffentlichkeit!
Natürlich liegt es immer am Betrachter wie die Wörter nun gedeutet werden, doch sollte der Inhalt der Wörter immer kritisch hinterfragt werden: Ist die Christlich Demokratische Union wirklich christlich, wenn Sie versucht so viele Mitmenschen wie möglich aus Deutschland auszuweisen? Was heißt: Kindgerechte Ausweisung wirklich? Was meinen Militaristen mit „friedenssichernden Maßnahmen“? Schützt der Inlandsgeheimdienst, das „Bundesamt für Verfassungsschutz“, wirklich die freiheitlich demokratische Grundordnung oder gefährdet der Geheimdienst diese sogar?
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