Molli, Macht und Meer
Der G8-Gipfel als Höhepunkt von Politik-Inszenierung
Rudolf Stumberger
“Münster, Molli, Moor & Meer”, so lautet der touristische Slogan des Seebads Heiligendamm. Mit “Molli” ist allerdings nicht der bekannte Molotow-Cocktail gemeint, sondern eine dampfbetriebene Schmalspurbahn. Für sie gibt es auch ein Loch im 15 Kilometer langen Sicherheitszaun, der die G8-Gipfelteilnehmer vor ihren Bürgern schützt. Und der Metallzaun ist wohl auch der Grund, warum das Treffen der Regierungschefs nicht im Veranstaltungskalender des Seebades unter der Rubrik “Höhepunkte” eingetragen ist - dort steht nur ein Hinweis auf das am 2. Juni beginnende “Aqua Nostra” - das “Wasserfest” (was im übrigen nichts mit dem Einsatz von Wasserwerfern zu tun hat). Dabei ließe sich “G8″ - sprachlich dem einst von dem deutschen Gynäkologen Ernst Grafenberg entdeckt “G-Punkt” der Sexualität ähnelnd - durchaus als Höhepunkt deuten: Dem der Bedeutungsaufladung der beteiligten Politiker und der ökonomischen Mobilisierung von Politik als Event.
“Narzissmus ist eine Charaktereigenschaft, die sich durch ein geringes Selbstwertgefühl bei gleichzeitig übertriebener Einschätzung der eigenen Wichtigkeit und dem großen Wunsch nach Bewunderung auszeichnet”, sagt uns Wikipedia. Ãœber den Zusammenhang von Politik und Narzissmus geben Studien wie die des Psychotherapeuten Hans-Jürgen Wirth (”Narzißmus und Macht”) Auskunft. Ãœber den Zusammenhang von Macht und einem Aufwand, der in bislang unbekannte Dimensionen vorstößt, scheint uns der G8-Gipfel zu lehren. Man muss sich das so vorstellen: Es treffen sich acht Regierungschefs eineinhalb Tage zu Besprechungen. Wenn sie auf das Meer hinaussehen, sehen sie amerikanische Kriegsschiffe. Wenn sie in das Landesinnere sehen, sehen sie einen Metallzaun (Kosten: rund 12 Millionen Euro). (mehr…)
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