Weder tot noch lebendig
EU-Verfassung: Nach dem Reformvertrag von Lissabon steht ein von den Bürgern geschriebenes europäisches Grundgesetz erst recht auf der Tagesordnung
Nach der Ablehnung in Frankreich und den Niederlanden 2005 lag die EU-Verfassung auf Eis, bis 2007 unter deutscher Ratspräsidentschaft jene Elemente des Verfassungsvertrages ausfindig gemacht wurden, die Aufnahme in ein erneuertes Vertragswerk fanden. Den so entstandenen Reformvertrag haben die EU-Regierungschefs am 13. Dezember 2007 in Lissabon unterzeichnet. Nun muss das Dokument von allen 27 Mitgliedsländern ratifiziert werden. Einzig in Irland ist dazu ein Referendum vorgeschrieben - in den anderen EU-Staaten scheut man nach der Erfahrung des Jahres 2005 Volkes Stimme.
Eine Verfassung für Europa soll in Kraft treten, die nicht so genannt werden darf und wohl auch nicht sollte, weil ihr das neoliberale Paradigma gleichsam als Fundamentalnorm eingeschrieben ist. Der Bielefelder Jurist Andreas Fisahn schrieb in dieser Zeitung (Freitag 26/07): “Diese Fixierung auf Marktradikalität widerspricht den demokratischen Normen von Politik, die stets die Möglichkeit zum Richtungswechsel offen halten - laut Verfassung ist der weitgehend ausgeschlossen. Folglich bleibt das Parlament machtlos, bleibt es beim bekannten Demokratiedefizit, bleibt die Kommission das Exekutivorgan der Interessenten und Nutznießer dieser ‘offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb’, die von allen sozialen und demokratischen Bindungen befreit ist.” (mehr…)
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