Der afghanische Ablehnungsbetrug
Ãœber die Diskussion zur Entsendung deutscher Soldaten nach Afghanistan
Seit vorgestern wird der deutschen Bevölkerung eine Schmierentragödie vorgeführt, mit der sie zu den beschlossenen Kampfeinsätzen der Bundeswehr am Hindukusch “erzogen” werden soll, und fast alle machen mit. Die Medien überschlagen sich geradezu bezüglich einer Anfrage aus den USA, die scheinbar gerne Bundeswehrsoldaten in den Süden Afghanistans haben wollen. Jene Anfrage sei in “scharfer Form” und “unverschämt” und es gäbe richtig Ärger in der NATO. Und der Spiegel wußte den Inhalt des vertraulichen Briefes von “Kreisen” aus dem Verteidigungsministerium. Die Springerpresse wußte es vom Spiegel und alle wußten, daß die USA etwas von Deutschland wollten, was Deutschland nur ungern zu geben bereit war. Und dann kam die “Hammernachricht”. Keine 24 Stunden nach dem “Erscheinen” des Briefes hat sich das heldenhafte und glorreiche deutsche Verteidigungsministerium in aller Klarheit gegen jene Wünsche der USA gestellt, öffentlich (und nicht nur in einem Brief) darauf hingewiesen, daß man nicht bereit sei, den Forderungen der USA nachzukommen, und so “Flagge gezeigt”!
Eigentlich hätte spätestens dann, als Deutschlands Politiker öffentlich auf einen Brief antworteten, der gar nicht öffentlich war, die ersten Fragezeichen aufkommen müssen, aber dafür fehlt der Mainstream-Presse jede Freiheit! Manchmal ist Politik dermaßen schmutzig und dermaßen hinterhältig, daß sich der gutherzige Bürger, der sich so sehr Frieden wünscht, das gar nicht vorstellen kann. Und Journalisten, die es eigentlich aufgrund ihrer Erfahrung besser wissen müßten, dürfen oder können ihre eigene Bevölkerung in solchen Situation nicht aufklären und tragen die wirklich unverschämte Botschaft der Politiker ins Land. Erinnert sich eigentlich noch jemand in diesem Land daran, worin die Diskussion noch vor wenigen Tagen bestand?
Wie weit reicht das Gedächtnis des demokratischen Bürgers, der sich hier so leicht über den Tisch ziehen läßt? Noch vor wenigen Tagen ging es darum, daß Deutschland 250 Soldaten als Kampftruppe nach Afghanistan senden wollte. Und die Stimmung in der Bevölkerung war diesbezüglich mehr als eindeutig. In verschiedenen Umfragen stellten sich mehr als 90 Prozent der Anrufer dagegen! Selbst die Unionsanhänger wollten mit dieser Entscheidung ihrer Kanzlerin nichts zu tun haben. Schließlich weiß jeder Deutsche sehr genau, was Kampftruppen am Hindukusch bedeuten: Sie bedeuten tote deutsche Soldaten, und sie bedeuten tote afghanische Frauen und Kinder als “Kollateralschaden”, für die dann deutsche Soldaten direkt verantwortlich sind! Und der bundesdeutsche Bürger will das definitiv nicht; völlig unabhängig von seiner Weltanschauung und Religion!
Dummerweise – aus Sicht der neokonservativen Herrschaft – stehen aber Wahlen in Hamburg bevor. Und noch eine Wahlniederlage kann sich das neokonservative Lager nicht leisten. Nach der Koch-Pleite in Hessen ist die Hamburger Union überraschend in die Defensive geraten und die Linke – als einzige verbliebene Antikriegspartei – verändert die Lage der Republik mächtig. Eine weitere Pleite in Hamburg würde mindestens den Anfang des Endes neokonservativer Herrschaft in Deutschland markieren, und das ist nicht hinnehmbar aus der Sicht neokonservativen Herrschaftsdenkens.
Die Ausgangslage war also derart, daß die Bundesregierung 250 Kampfsoldaten nach Afghanistan verlegen wollte, ohne daß der afghanische Präsident es wollte und der Widerstand im deutschen Volk war überraschend groß und eindeutig! Wie aber ist die Lage nach dem US-Theater um einen Brief mit Briefgeheimnis?
Plötzlich steht die Bundesregierung als heldenhafter Abwehrer von US-Forderungen, friedenswilliger Europäer und standhafter Beschützer deutscher Interessen da! Was aber hat sich geändert seit Anfang der Woche? Gar nichts! Deutschland schickt nach wie vor seine 250 Soldaten der Kampftruppen! Neidlos müßte selbst jeder ehemalige Nazi-Redenschreiber im Grab anerkennen, daß seine Propaganda bei dieser Dimension von professioneller Volksverdummung nicht mithalten kann!
Wer jetzt aber glaubt, daß die USA einen Gesichtsverlust in Kauf nehmen, um die Bundesregierung zu schützen, der kennt noch nicht den zu erwartenden Ausgang der Geschichte. Zum einen kann die USA ohnehin kaum einen weiteren Gesichtsverlust in Deutschland erleiden, denn die wenigen Unverbesserlichen, die heute noch die USA anhimmeln, werden es auch dann noch tun, wenn die USA ihre erste taktische Atomwaffe auf Menschen abgeworfen hat. Und andererseits dürfte ohnehin etwas anderes vorgesehen sein: Tatsächlich wird wohl eine hohe US-Stelle in den nächsten Tagen sicherlich Verständnis für die “schwierige Entscheidung” Deutschlands äußern, und schon sammelt dann auch die USA wieder Sympathiewerte!
Und so ist der deutsche Bürger – ohne es richtig gemerkt zu haben – von einem Protestierer gegen Kampftruppen zu einem glücklichen Regierungsunterstützer “umerzogen” worden, der auf der Seite der Neokonservativen steht. Diese Umerziehung bedurfte lediglich 48 Stunden. Alle Achtung!
Der einzige Ausweg aus diesem Teufelskreis ist es, alle Kräfte im Land auf friedlichem Weg zu stützen, die sich eindeutig gegen das Entsenden von deutschen Soldaten in fremde Länder einsetzen! Nur so kann man Deutschland aus den Klauen des Raubtierkapitalismus’, seines Schlachtschiffs des US-Regimes und seiner Helfershelfer in deutschen Verantwortungsträgern befreien. Und das ist die Aufgabe eines jeden Menschen, der sich für seine deutsche Heimat einsetzen möchte; auch bei Wahlen.
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