Wer zahlt eigentlich, wenn das Geld arbeitet?
Von Löwen und Lämmern: “Let’s make money” ist eine Reise in die Gehege des Raubtierkapitalismus
Es sind harte Schläge direkt ins Gesicht, die der Kapitalismus hier erhält. Ziemlich viele, sein Gesicht ist zur Fratze entstellt, die hübsche Maske aufgerissen. Noch stürmen zwar keine Massen die Banken wie zu Beginn der 30er Jahre, aber das kann ja noch kommen, und manchen Banken würde man das angesichts Erwin Wagenhofers Film auch wünschen. “Lets make money” kehrt den ideologischen Scherbenhaufen zusammen, der vom implodierenden Neoliberalismus übrig geblieben ist. Sein Film zeigt die Produktionsbedingungen der Finanzkrise, er zeigt aber auch, warum es höchstwahrscheinlich so weiter gehen wird, warum auf die Krise keineswegs eine grundlegende Veränderung unserer Wirtschaft folgen wird.
Der Kapitalismus ist ein blutiges Geschäft. Das sagen nicht irgendwelche seiner Verächter, sondern die ehrlicheren unter seinen Verteidigern. Etwa Mark Mobius (1), “Investment-Guru” einer ganzen Generation, der – aus Steuergründen von Singapur aus - Fonds in Milliardenhöhe verwaltet. “Man muss kaufen, wenn das Blut auf den Straßen liegt”, zitiert er im Film eine alte Wall-Street-Weisheit und fügt verschmitzt hinzu, “und wenn es Dein eigenes ist.” All das sitzt bis zum letzten Hieb: Da zeigt der Film das Gekritzel sowjetischer Soldaten an den Mauern des Reichstags, entstanden kurz nach Kriegsende im Mai 1945. Dazu sagt der SPD-Abgeordnete Hermann Scheer: “Wenn wir so weitermachen, dann kommen neue Selektionsmechanismen.” Die Botschaft ist klar. Auf die Krise folgt die Knappheit, auf die Knappheit Verteilungskämpfe. Und dann beginnt die Barbarei. Und - das muss man wohl für die hinzufügen, die jetzt denken “und wenn schon, wo gehobelt wird, da fallen Späne, und Verteilungskämpfe sind halt das Leben” - es ist keineswegs ausgemacht, dass der Westen nicht jenes Ancien Regime unseres Zeitalters ist, dass von den neuen Sansculotten aus Afrika hinweggefegt wird, bevor dann dein kleiner Korporal auch Peking kommt… Wir wissen nicht, wie es Mobius gerade geht, denn Erwin Wagenhofers (”We Feed the World”) Film ist selbstverständlich vor der aktuellen Finanzkrise entstanden - vermutlich kauft er gerade in großem Stil ein. Denn auch wenn ohne jeden Zweifel derzeit das Blut der Aktienhändler, Finanzjongleure und Casino-Kapitalisten in Strömen fließt - falls sie ihren eigenen Ãœberzeugungen nur einigermaßen vertrauen - wovon man, wie immer bei Gläubigen, auch in diesem Fall ausgehen darf - sitzen jetzt schon die ersten von ihnen in Wartestellung, um zu kaufen, nicht zu früh, aber bitte auch nicht zu spät. Im ein paar Jahren macht Wagenhofer dann vielleicht einen Film über diejenigen, die sich gerade eine goldene Nase verdienen. (mehr…)
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