»Blackstone ist der Antreiber«
Finanzinvestor forciert Zerschlagung der Telekom. Ein Gespräch mit Mike Döding
Interview: Daniel Behruzi
Mike Döding ist Fachbereichsleiter Telekommunikation/IT/DV im ver.di-Landesbezirk Berlin-Brandenburg (mehr…)
Obermann treibt die Lohnsenkungswelle voran
Die Telekom will 50.000 Mitarbeiter auslagern
Ein Kommentar von Paul Müller
Vor allem eines war die angekündigte Lohnsenkungsorgie bei der Deutschen Telekom nicht: unerwartet. Seit geraumer Zeit jammert der zu beachtlichen Teil in die Hände des Heuschreckeninvestors Blackstone übergegangene Ex-öffentliche Konzern über zu hohe Kosten und singt das hohe Lied der Marktnotwendigkeiten. Nun nimmt er den logischen nächsten Schritt in Angriff.
So sollen rund 50.000 Mitarbeiter durch interne Umschichtungen in den Genuß einer Lohnsenkung kommen. Immerhin geht es ihnen dabei besser als den Zehntausenden, die der Konzern in den kommenden Jahren abbauen – sprich: ausscheiden – will. Daß sich die Betroffenen dieses Privilegs, der Firma weiter dienlich sein zu dürfen, bewußt sind, dafür sorgt eine seit Jahren anhaltende Kampange, in der Aktienkurse zu gesellschaftlichen Kennziffern und neoliberale Glaubenssätze zu Naturgesetzen stilisiert werden. (mehr…)
Claus Peymann: »Das sind auch meine Ansichten«
BE-Intendant Claus Peymann verteidigt Erklärung Christian Klars an Rosa-Luxemburg-Konferenz. Linkspartei: Kapitalismus-Kritik darf kein Haftgrund sein
Von Rüdiger Göbel
Der Intendant des Berliner Ensembles, Claus Peymann, traut sich was. In der medial eskalierten Debatte um eine mögliche Freilassung des früheren RAF-Mitglieds Christian Klar gibt es nicht wenige, die der rechten Kampagne standhalten und sich für dessen Begnadigung aussprechen – »trotz« der antikapitalistischen Grußbotschaft an die Rosa-Luxemburg-Konferenz in Berlin.
Der Berliner Theatermacher indes ist der erste Intellektuelle, der sich inhaltlich voll hinter Klars kurze Erklärung stellt. »Das sind auch meine Ansichten«, erklärte Peymann in der Mittwochausgabe der tageszeitung. »Das, was Klar sagt, ist doch eigentlich die Meinung von fünf Milliarden Menschen auf der Welt.« Er spreche das aus, was der weitaus größte Teil der Weltbevölkerung außerhalb Westeuropas und der USA denke. »Es kann ja nicht sein, daß dieses kapitalistische System von Korruption und Verantwortungslosigkeit der Weisheit letzter Schluß ist. (mehr…)
«Globales Schafe Scheren»
Ein Buch wider die Zukunftskriminalität der gegenwärtigen Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik
Im folgenden drucken wir Auszüge aus der Einführung und dem ersten Kapitel dieses lesenswerten Buches von Heinrich Wohlmeyer. Diese gewähren einen Einblick in seine scharfe Analyse der gegenwärtig herrschenden «Marktmacht» und ihrer historischen Entstehung. Darüber hinaus lassen sie seinen sozial engagierten Denkansatz zu einem Weg aus der Krise erkennen.
Die nachfolgenden Situationsbeschreibungen und Analysen zeigen ein scheinbar machtloses Ausgeliefert-Sein an menschen- und naturzerstörenden Entwicklungen. Wir werden von den Akteuren des Hauptstromes geschoren wie wehrlose Schafe und benehmen uns auch wie solche.
Schafe haben bekanntlich zwei hervorstechende Eigenschaften:
a) Sie schauen sich um und dann folgen sie dem Leittier bzw. der Herde.
b) Ãœberwältigt, stellen sie im Unterschied zu anderen Tieren jede Gegenwehr ein und dulden still, was mit ihnen geschieht. Daher kommt auch der aus der Erfahrung eines Hirtenvolkes stammende Vergleich bezüglich des still duldenden Christus: «Wie ein Schaf, das vor seinem Scherer verstummt.» (mehr…)
“Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu bauen”
“Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu bauen”
Steinmeier, Schily, der Fall Kurnaz und die Demokratie
Die Versuche der damals verantwortlichen Politiker, jede Mitverantwortung im Fall Murat Kurnaz so weit als nur irgend möglich von sich zu weisen, führen mittlerweile dazu, daß sich ihre öffentlichen Erklärungen widersprechen.
“Die frühere Bundesregierung hat zu keinem Zeitpunkt auch nur andeutungsweise den Versuch gemacht, die Freilassung von Kurnaz zu verhindern oder auch nur zu behindern. Im Gegenteil: Es gab Bemühungen, die US-Regierung zu einer Freilassung zu bewegen”, sagte der damalige deutsche Bundesinnenminister Otto Schily in einem am Sonntag in der “Bild am Sonntag” veröffentlichten Interview. (mehr…)
Norbert Blüm: «Was hast du dem Geringsten meiner Brüder und Schwestern getan?»
Gerechtigkeit versus Neoliberalismus und Globalisierung
Nobert Blüms neues Buch
von Karl Müller, Deutschland
«Wir haben es mit einer Wirtschaft zu tun, die sich anschickt, totalitär zu werden, weil sie alles unter den Befehl einer ökonomischen Ratio zu zwingen sucht. Das jedoch ist eine verkrüppelte Ratio. […] Eine Wirtschaftsordnung, die Entlassungen regelmässig mit Gewinnsteigerung beantwortet, wird nicht überleben. Die Menschen werden es sich nicht gefallen lassen.»
Norbert Blüm
Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel wird von den Reichen und Mächtigen der Welt hofiert. In Davos, beim diesjährigen Weltwirtschaftsforum WEF, durfte sie am 24. Januar, nun schon zum zweitenmal hintereinander, die Eröffnungsrede halten. Diese Rede zeigt denn auch, warum Angela Merkel hofiert wird. In gestellter Biederkeit trägt sie vor, dass die Globalisierung eine gute Sache sei, eine Chance und kein Risiko. Das Zusammenwachsen der Welt brauche aber auch richtige politische Rahmenbedingungen. Zum Beispiel «mehr Freiheit». Für Merkel bedeutet dies eine Ausweitung des europäischen Binnenmarktes mit seinen vier Grundsätzen der Globalisierung: ungehemmter Handel mit Gütern und Dienstleistungen, ungehemmtes Hin- und Herschieben von Menschen und vor allem ungehemmter Kapitalverkehr. Und ganz speziell: die «Vertiefung der wirtschaftlichen Verflechtung zwischen der EU und den USA» («Neue Zürcher Zeitung» vom 25. Januar). Merkel «schwebt eine Binnenmarkt-ähnliche Struktur vor». (ebenda)
Merkel steht für die Ideologie des Homo oeconomicus. (mehr…)
Krieg gegen die Armen
Deutsch-amerikanische Parallelen in der Diskussion
Der Krieg gegen die Armut wird in der öffentlichen Debatte zum Krieg gegen die Armen / Von Albert Scharenberg
Obwohl also die sozialwissenschaftliche Diskussion über die (schwarze) “Unterklasse” in den USA anhält, hat sich die gesellschaftliche Debatte über Armut in den letzten Jahren erneut verschoben. Im Fokus standen zuletzt insbesondere die sogenannten “working poor”, also jene Menschen, die trotz (Vollzeit-)Arbeit nicht genug verdienen, um zumindest eine bescheidene Variante des American Way of Life erreichen zu können.
Dabei kommt den auch hierzulande populären Büchern von Barbara Ehrenreich über die “arbeitenden Armen” das Verdienst zu, die Armutsdebatte gewissermaßen “aus dem Ghetto herausgeholt” und damit wieder gesellschaftlich verallgemeinert zu haben. Dadurch wird zugleich der Stigmatisierung der Boden entzogen und ein Gegeneinanderausspielen der Betroffenen erschwert. (mehr…)
Politisch und ethisch selbst gerichtet
Steinmeier und Schily reden - aber nur mit den Kretins von “Bild”
Tagelang bestanden Steinmeier und Co darauf, über die Leidensgeschichte des Guantánamo-Häftlings Murat Kurnaz nur vor dem BND-Untersuchungsausschuss Auskunft zu geben. Das gebiete der Respekt vor diesem Hochamt parlamentarischer Kontrolle. Wer das als Heuchelei betrachtete, ist jetzt eindrucksvoll bestätigt worden.
Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Exinnenminister Otto Schily haben sich in Interviews inzwischen gerechtfertigt - und ihr Wissen bruchstückhaft preisgegeben: Steinmeier in Bild, Schily in der Bild am Sonntag. Die beiden haben sich damit ethisch und politisch selbst gerichtet. (mehr…)
Unterlassene Hilfeleistung - oder Mord?
Für die Rettung bezahlen - Katastrophen-Apartheid droht
Naomi Klein
Ãœbersetzung: Andrea Noll
Soeben kündigt das Rote Kreuz eine Katastrophenhilfe-Partnerschaft mit Walmart an. Wenn der nächste Hurrikan zuschlägt, werden wir folglich eine Koproduktion von Big Aid und Big Box erleben.
Anscheinend lautet die Lehre aus der jämmerlichen Reaktion der amerikanischen Regierung auf Hurrikan Katrina: Die Geschäftswelt ist besser für Katastrophen gewappnet.
Katrina: Die amerikanische Regierung verzichtete auf eine ihrer Kernaufgaben - die Pflicht, ihre Bevölkerung vor Katastrophen zu schützen.
“Bevor das vorbei ist, wird alles privatisiert sein”, so Billy Wagner, Leiter des Notfallmanagements der Florida Keys im April 2006. Derzeit stehen die Keys unter Hurrikan-Beobachtung (Tropensturm Ernesto). “Sie (die privaten Unternehmen) haben das Fachwissen. Sie haben die Ressourcen”. (mehr…)
Import aus Pinochets Chile: Agenda 2010
Das Auge des Hurrikans: Milton Friedman und der globale Süden
von Walden Bello
Ökonomen feiern den kürzlich verstorbenen Milton Friedman als “Champion der Freiheit”, “dessen Werk die Wirtschaft und die Welt verändert hat” (wie es in einer ganzseitigen Anzeige in der New York Times heißt). Die Menschen des globalen Südens hingegen werden Professor Friedman von der Chicagoer Universität als das Auge eines menschgemachten Hurrikans in Erinnerung behalten - eines Hurrikans, der eine Schneise der Verwüstung durch ihre Ökonomien schlug. Noch lange werden sie den Namen Friedman mit zwei Dingen in Verbindung bringen: mit den chilenischen Reformen des Freien Marktes und den “Strukturanpassungsprogrammen” in der so genannten ‘Dritten Welt’.
Kurz nach dem Staatsstreich gegen die Regierung Allende am 11. September 1973 übernahmen chilenische Absolventen der Friedman-Schule (bald bekannt unter dem Namen “Chicago Boys”) das Ruder der chilenischen Wirtschaft und führten, mit großem missionarischem Eifer, ein Wirtschaftstransformationsprogramm durch. Angesichts seiner vielzitierten Behauptung, politische Freiheit und Marktfreiheit gingen Hand in Hand, müsste Friedmann, dem Guru, die Ironie eigentlich aufgefallen sein, dass in Chile ausgerechnet die Bajonette einer der blutigsten Diktaturen Lateinamerikas das Paradies des Freien Marktes durchsetzten. (mehr…)