“Diese Ermächtigungsklauseln lassen schon an schlimmere Zeiten denken”
Peter Mühlbauer
Ein Interview mit Professor Karl Albrecht Schachtschneider zum Lissabon-Vertrag, Teil 1
Karl Albrecht Schachtschneider, ordentlicher Professor em. an der Universität Erlangen-Nürnberg und Autor zahlreicher rechtswissenschaftlicher Schriften, gehört zu den sehr wenigen Menschen, die den fast 500 Seiten umfassenden Lissabon-Vertrag nicht nur komplett gelesen, sondern auch auf seine möglichen und wahrscheinlichen Konsequenzen hin abgeklopft haben. Derzeit führt er für den Abgeordneten Peter Gauweiler, aber auch im eigenen Namen eine Klage gegen den Vertrag vor dem Bundesverfassungsgericht.
Herr Professor Schachtschneider, Sie sagen, der Lissabon-Vertrag ‘entdemokratisiert die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten.’ Warum genau ist das so?
Professor Schachtschneider: Das ist das größte Problem der Unionsverträge. Ich darf die Grundlagen des demokratischen Prinzips ansprechen: Nur ein Volk kann demokratisch legitimieren. Das europäische Volk, das durch das Europäische Parlament vertreten werden könnte, gibt es nicht. Deswegen hat die Europäische Union keine originäre Hoheit.
Darum werden auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Rechtsetzungsakte der Europäischen Union durch die nationalen Parlamente legitimiert – in Deutschland also durch den Bundestag und den Bundesrat – und nicht durch das Europäische Parlament. Das Gericht sagt, dieses stützt nur die demokratische Legitimation, kann diese aber erst ergeben, wenn das Parlament anders gewählt wird. Das ist das Entscheidende: Das Parlament wird nicht gleichheitlich gewählt. Das Stimmgewicht jedes Wählers muss ‘gleich’ sein, das heißt, es darf nach ständiger Rechtsprechung allenfalls um 33% vom Stimmgewicht anderer Wähler abweichen. Auch in der Entscheidung, die das Bundesverfassungsgericht unlängst zu den Ãœberhangmandaten fällte, ging es um dieses Stimmgewicht. Bei europäischen Wahlen weicht das Stimmgewicht aber um bis zu 1200% ab, nämlich im Verhältnis der deutschen Bürger zu den Bürgern Maltas. Das Europäische Parlament kann also die demokratische Legitimation nicht erbringen. (mehr…)
Aufrüstungsgebot, EuGH und Korruptionsanreize, Teil 2
Weltwirtschaftliches Wirken der EU, Parteienstaat und Ethnogenese, Teil 3
Der schwarze Peter
Rechtsanwalt Dr. Peter Gauweiler (CSU) wurde einer breiten Öffentlichkeit bekannt – als kleinkarierter Verwaltungsjurist – dessen Mitarbeiter einst auf dem Münchner Oktoberfest nachmaßen, ob in den Maßkrügen tatsächlich die gekaufte Menge Bier ausgeschenkt wurde. Er galt nicht unberechtigt als „Strauß- Amigo“ und ein Parteifreund wollte von ihm wissen, dass er selbst im Kohlenkeller noch einen Schatten werfen würde. Wie ein Magnet zog er den Hass der Linken auf sich und durchlebte so manche persönliche. politische Krise. Ein Musterbeispiel sind die Umstände des Verkaufs seiner Anwaltskanzlei, welche der STERN zum Skandal hochstilisierte – und die, wie sich später herausstellte – ein völlig normaler Vorgang war. Der STERN- Informant landete vor dem Strafrichter und wurde berechtigt verurteilt – das Strafurteil brachte Peter Gauweiler aber nicht die Karriere zurück – die ihm der „Skandal“ gekostet hatte. Franz Josef Strauß (FJS) war gestorben und sein Nachfolger Edmund Stoiber hatte seine eigenen Amigos und da störte beim bayerischen Postengeschacher der alte Strauß-Amigo Gauweiler. Gut so – nur so konnte aus dem Politiker das werden was er heute nach Ãœberzeugung der Süddeutschen Zeitung ist – ein Querdenker mit Format. Er war als einer der wenigen in der CSU der gegen den Irak-Krieg war, ebenso gegen den Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan und er ist gegen den Vertrag von Lissabon, der die nationalen Rechte zugunsten von EU-Befugnissen beschneidet. Schlimmer – er hält diesen Vertrag für verfassungswidrig – und er tut etwas für seine Ãœberzeugung – er klagt gegen diesen Vertrag vor dem Bundesverfassungsgericht – teilweise auf eigene Kosten. Es ist die letzte Chance dieses Gerichtes frei zu entscheiden – denn dieser Vertrag kastriert das Bundesverfassungsgericht – nimmt ihm die Kompetenz dem Grundgesetz Vorrang vor dem EU-Recht zu verschaffen. Damit es auch den Lesern klar wird: Kommt eine Online-Durchsuchung künftig per EU-Recht auf uns zu, kann der Bürger sich den Gang nach Karlsruhe ersparen – das Bundesverfassungsgericht hat nichts mehr zu entscheiden. Peter Gauweiler tut das, was die „Schreier“ der LINKEN unterlassen haben, nämlich dem Bundesverfassungsgericht Gelegenheit zu geben, über seine geplante Entmachtung selbst zu entscheiden. (mehr…)
Konservativer Horrorkatalog
Die “Sicherheitsstrategie für Deutschland” der CDU/CSU
Am Dienstag hat die CDU/CSU-Bundestagsfraktion eine 16-seitige “Sicherheitsstrategie für Deutschland” verabschiedet.[1] Das Dokument wurde unter der Federführung von Volker Kauder von Unionsfraktionsvize Andreas Schockenhoff (sein Wahlkreis ist Ravensburg-Bodensee) erarbeitet und sowohl mit Kanzlerin Angela Merkel als auch Militärminister Franz-Josef Jung sowie Innenminister Wolfgang Schäuble abgestimmt.
Mit dieser CDU/CSU-Sicherheitsstrategie wird eine umfassende Militarisierung der Außen- und Innenpolitik angestrebt, deshalb ist die breite Rückendeckung innerhalb der CDU/CSU umso besorgniserregender. Geplant ist u.a. die Bildung eines “Nationalen Sicherheitsrats” analog zu den USA, mit dem eine Zentralisierung der Entscheidungsbefugnisse im Kanzleramt bezweckt wird; ferner soll die Trennung zwischen innerer und äußerer Sicherheit noch weiter aufgeweicht und die Möglichkeiten für Bundeswehreinsätze im Inland ausgeweitet werden. Der konservative Horrorkatalog visiert sogar offen Militäreinsätze zur Rohstoffsicherung an. Militäreinsätze sollen nicht zwingend nur mit Mandat des UN-Sicherheitsrates stattfinden. Auch ist eine Aushöhlung des Parlamentsvorbehaltes geplant, d.h. die Abstimmung über Auslandseinsätze der Bundeswehr soll trotz klarem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes auch mal ohne Zustimmung des Bundestages erfolgen können.
Der schwarze Winkel
Vor siebzig Jahren initiierte das Nazi-Regime die Aktion »Arbeitsscheu Reich«. Der 21. April 1938 leitete den Höhepunkt der Verfolgung von »Asozialen« ein
Im Sommer 1938 stieg die Zahl der Häftlinge in den Konzentrationslagern Nazi-Deutschlands sprunghaft an. Der Grund: Die systematische Verfolgung einer bis dahin in den Lagern unbekannten Häftlingsgruppe: »Asozia le«. Den ersten Akt bildete eine Aktion der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) am 21. April 1938. Auf einen Schlag wurden Tausende »seßhafte« Fürsorgeempfänger festgesetzt. Einrichtungen, in denen Hilfesuchende bis dato Schutz suchten, stellten sich dabei in den Dienst des Verfolgungsapparates und meldeten Mittellose und andere Marginalisierte. Zweiter Akt der Massenverhaftungen und Verschleppungen: Knapp zwei Monate später wurden von der Kriminalpolizei erneut Tausende Menschen festgenommen. Bettler, Landstreicher, Suchtkranke, säumige Unterhaltspflichtige, Sinti und Roma. Höchst unterschiedliche Personengruppen, die eines einte: der Kontakt zum Fürsorgesystem. Im Zuge dieser Verhaftungswelle wurden mehr als 10000 Menschen in Konzentra tionslager verbracht. (mehr…)
Anmerkung Orlando Pascheit, NachDenkSeiten: Aus gegebenem Anlass habe ich dazu schon einmal geschrieben und möcht dies noch einmal wiederholen:
Wir wähnen uns immer so weit entfernt von jenen Zeiten und propagieren bei jeder Gelegenheit die Unwiederholbarkeit der NS-Schandtaten. Aber Geschichte wiederholt sich nicht in seiner äußeren Form. Aber wie beginnt heutzutage Ausgrenzung? Heute haben wir die Aktion “Fördern und Fordern”, da schwingt dann schon mit, dass derjenige, der sich nicht fordern lässt, auch keine Förderung verdient. Gewiss wird heute nicht vom “Gemeinschaftsfremden” gesprochen, auch nicht von “Volksgemeinschaft”, aber ist der Titel der unsäglichen Broschüre des damaligen Wirtschaftsministers Clement “Vorrang für die Anständigen - Gegen Missbrauch, „Abzocke“ und Selbstbedienung im Sozialstaat” so weit entfernt von solcher Gesinnung?
So werden dann aus Opfern einer verfehlten Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik arbeitsscheue Asoziale gemacht. Wobei schon rein rechnerisch bei 3,5 Mio. Arbeitlosen und 1,5 Mio. offenen Stellen (sehr optimistische Zahlen) etliche beim Fördern und Fordern rausfallen. Diese übriggebliebenen 2 Mio. könnten laut Weltökonomen der Bildzeitung durch eine weitere Absenkung der Sozialhilfe und durch die Ausweitung des Niedriglohnsektors in Lohn und Brot kommen. Man muss also nur Druck auf diese Abzocker machen. Die obszöne Agitation der Bildzeitung unter Mitwirkung bekannter Wissenschaftler gegen Hartz-IV-Empfänger als arbeitsscheue Schmarotzer kommt der Selektion des Menschen in seinem Wert oder Unwert für den “Volkskörper” sehr nahe.
Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes - Dienstleistungsfreiheit steht über nationalen Arbeitnehmerrechten
Am 3. April hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg entschieden, dass ein Bundesland bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen keine Tariflöhne vorschreiben kann. Dieses Urteil ist von elementarer Bedeutung, da den im EGV (Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft) festgelegten wirtschaftlichen Grundfreiheiten eine höhere Priorität eingeräumt wird als den arbeitsrechtlichen Koalitionsfreiheiten gemäß Art. 9 Abs. 3 des Grundgesetzes. Das Urteil zeigt, dass die wirtschaftlichen Grundfreiheiten zugunsten von Unternehmerfreiheiten wirken und die Arbeitnehmer den Bedingungen des Wettbewerbs weitgehend schutzlos ausliefern.
Das Oberlandesgericht Celle hatte den EuGH um Prüfung der Vereinbarkeit des niedersächsischen Landesvergabegesetzes mit der Dienstleistungsfreiheit nach Art. 49 des Vertrages über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) gebeten. Hiernach sind Aufträge für Bauleistungen nur an solche Unternehmen zu vergeben, die sich bei der Vergabe schriftlich verpflichten, ihren Arbeitnehmer/innen mindestens das am Ort der Ausführung tarifvertraglich vorgesehene Entgelt zu bezahlen. Der Auftragnehmer muss sich zudem verpflichten, diese Verpflichtung Nachunternehmern aufzuerlegen und ihre Beachtung zu überwachen. Die Nichteinhaltung dieser Verpflichtung löst die Zahlung einer Vertragsstrafe aus. Mit dieser Bestimmung sollte ein unfairer Wettbewerb zu Lasten von Löhnen verhindert werden. Der EuGH sah im niedersächsischen Landesvergabegesetz einen Verstoß gegen geltendes EU-Recht. Nach dem Urteil des EuGH können ausländische Unternehmen, die Staatsaufträge in Deutschland annehmen, nicht dazu verpflichtet werden, Tariflöhne zahlen (Az.: C-346/06). Dieses Urteil bindet die deutsche Gesetzgebung und Rechtsprechung, da das EU-Recht dem nationalen Recht vorgeht (Urteil des EuGH vom 15.07.1964, Az.: 6/64 und ständige Rechtsprechung). Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist der Vorrang des EG-Rechts einer der Grundpfeiler des Gemeinschaftsrechts. Dem Gerichtshof zufolge ergibt sich dieser Vorrang aus der Besonderheit der Europäischen Gemeinschaft. (mehr…)
«Den Preis zahlen die Notleidenden der Welt»
Ein Blick auf die weltweit steigenden Nahrungsmittelpreise, ein paar Zusammenhänge und die Notwendigkeit internationaler mitmenschlicher Solidarität
1980 wurde der Dokumentarfilm «Septemberweizen» das erste Mal ausgestrahlt. Der Film zeigt unter anderem, wie Spekulanten an der US-amerikanischen Weizenbörse den Weltmarktpreis für dieses Nahrungsmittel bestimmen und dass es nicht um eine möglichst preisgünstige Versorgung mit Nahrungsmitteln, sondern um den grösstmöglichen Profit geht. Das ist nun fast 30 Jahre her. Nur 4 Jahre alt ist der Film «Darwins Alptraum». Er schildert, wie das afrikanische Land Tansania, ein früher fischreiches Land, skrupellos, unter anderem von der EU, in die Armut und in Hungersnöte getrieben wurde. Wie der neue «Fisch-Reichtum», den das Land nun hat – eine alle anderen Fischarten vertilgende und von aussen herbeimanipulierte Nilbarsch-Monokultur –, in die reichen Länder des Westens abtransportiert wird. Und wie das Land selbst «zum Ausgleich» zur Waffendrehscheibe für die Kriege in Afrika geworden ist. Welche Hintergründe und Zusammenhänge haben die enormen weltweiten Preissteigerungen bei Lebensmitteln in den letzten zwei Jahren? Müssen die rund 850 Millionen Menschen, die schon derzeit unter Hunger und Unterernährung leiden, mit einer nochmaligen Verschlimmerung ihrer Situation rechnen? Sind weitere zig Millionen Menschen vom Hunger bedroht? «Wenn die Nahrungsmittelpreise um 1 Prozent steigen, gefährdet das die Ernährung von zusätzlichen 16 Millionen Menschen.» Das sagt die deutsche Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul. (mehr…)
Gericht erleichtert Dumping-Löhne
Grundsatzurteil in Luxemburg
Von Heribert Prantl, Nina Bovensiepen und Daniela Kuhr
Der Europäische Gerichtshof erschwert den deutschen Kampf gegen Lohndumping: In einem Urteil vom Donnerstag hat er verboten, öffentliche Aufträge an die Einhaltung von bestimmten sozialen Standards zu binden. Die IG-Bau wertete das Urteil als weiteren Schritt zum Raubtierkapitalismus.
Bund, Länder und Gemeinden in Deutschland dürfen nach dem Urteil bei der Vergabe ihrer Aufträge nicht mehr die Zahlung des ortsüblichen Tariflohns verlangen. Damit setzt sich das höchste EU-Gericht in Luxemburg in Widerspruch zum Bundesverfassungsgericht, das 2006 die Abgabe einer Tariftreueerklärung bei der Vergabe öffentlicher Bauaufträge ausdrücklich erlaubt hatte. Das höchste deutsche Gericht hatte den Eingriff in die Koalitionsfreiheit und die Berufsfreiheit im Interesse der sozialen Sicherheit für gerechtfertigt gehalten. (mehr…)
Dazu auch:
Am Abgrund mit der Dollarflut
Die Weltfinanzmärkte taumeln, der globale Spätkapitalismus könnte in eine schwerwiegende Systemkrise geraten
So schnell kann die zumindest Finanzwelt – scheinbar - wieder in Ordnung kommen. Die amerikanischen Investmentbanken Goldman Sachs und Lehman Brothers konnten mit ihren am Dienstag gemeldeten Quartalszahlen über den pessimistischen Erwartungen der Analysten bleiben und dies reichte bereits aus, um die Märkte zu einem kleinen Kursfeuerwerk zu verleiten. So fielen die Gewinne von Goldman Sachs “nur” um 53 Prozent im ersten Quartal 2008, während Lehman Brothers über einen Gewinnrückgang von 57 Prozent berichten durfte. Dabei sind in den nun vorgestellten Bilanzen beider Finanzhäuser die Auswirkungen der jüngsten Turbulenzen auf den Finanzmärkten nicht einmal berücksichtigt. Dennoch legte der Dax um nahezu 3,5 Prozentpunkte zu, der Dow Jones schoss um 2,5 Prozent in die Höhe.
Doch zugleich verdüsterten sich die Wolken auf dem US-amerikanischen Konjunkturhimmel. Am Dienstag musste der als notorischer Schönfärber berüchtigte US-Finanzminister Henry Paulson endlich zugeben, dass die amerikanische Wirtschaft sich in einem “scharfen Rückgang” befindet. Zugleich weigerte sich Paulson, das innerhalb der Bush-Administration offensichtlich tabuisierte Wort “Rezession” zu benutzen: Es sei nicht so wichtig, wie man “es” bezeichne, die Bürger Amerikas wüsten schon längst, dass die Ökonomie “scharf nach unten abgebogen” sei, philosophierte Paulson gegenüber den Fernsehsender NBC. Den “Märkten” war dieses späte Eingeständnis der Finanzministers kaum eine Beachtung wert, genauso wie die Warnungen des Direktors des Internationalen Währungsfonds (IWF), Dominique Strauss-Kahn, der bereits am Montag erklärte, dass die gegenwärtige Finanzkrise lange andauern und ernsthafte Folgen haben werde. (mehr…)
- Am Abgrund mit der Dollarflut
- Die Lehren aus 1929
- “Finanzielle Massenvernichtungsmittel”
- Globale Blasenwirtschaft?
- Die Reaktion auf die Dotcom-Blase legte den Grundstein für die jetzige Krise
- “Der Kapitalismus muss Gewinne jenseits der warenproduzierenden Sphäre realisieren”
Zeichen für die Auszehrung demokratischer Verhältnisse
 Von Albrecht Müller, NachDenkSeiten
Man muss neidlos anerkennen: Der versammelten konservativen Rechten aus Union, Wirtschaft und Medien ist es im Falle Hessens wieder einmal gelungen, den Durchbruch einer alternativen Machtkonstellation auf der linken Seite des politischen Spektrums zu verhindern. Jetzt wird auch noch daran gestrickt, die Ursachen dieser die Demokratie bedrohenden Alternativlosigkeit und die Ursachen der Beschädigung der SPD zu vernebeln.
Schuld sei Kurt Beck mit seinen einsamen Entscheidungen. Oder: „Andrea Ypsilanti zahlt nun den Preis für politische Dummheit.“ So die Frankfurter Rundschau in einem irren Leitartikel vom Samstag: „Abtreten, Ypsilanti und Beck!“. Natürlich wird weiter der so genannte Wortbruch als Ursache des Debakels festgemacht. Und die Zusammenarbeit mit den „Kommunisten“. Das Durcheinander. Das hin und her, so Bütikofer. Selbst einem Autor wie Franz Walter, der nicht völlig in die herrschenden Kreise eingebunden ist, fällt vor allem Vordergründiges und Abwegiges ein: die SPD stehe ohne Zentrum, ohne Mitte da. (mehr…)Â
Bücher gegen die Verblödung
Es ist die neue Ökonomisierung des Geistes, die auf der Leipziger Buchmesse (siehe auch: ) als Avantgarde-Thema entdeckt wird. Wie bitte? Stand Wirtschaftskritik bis gestern nicht in der Schmuddelecke ewiggestriger Kulturkritiker? War da nicht ein gewachsener Konsens, die Eppler und Rüttgers und sonstige kapitalismuskritische Stimmen auf lautlos zu stellen?
Nun hat man plötzlich den Eindruck, als gebe es ein großes Aufwachen im Kulturbetrieb des gedruckten Wortes. Der Durchgriff der Ökonomie auf Geist hat einen Grad erreicht, der nicht mehr feierlich ist und deshalb in etlichen Sachbüchern, die jetzt im Leipziger Gespräch sind, einer ätzenden oder klinischen Kritik unterzogen wird, je nach Temperament. (mehr…)