Alchemistentreffen

Von Elmar Altvater

Es war schon immer ein Menschheitstraum, aus feuchtem Dreck gutes Geld zu machen. Er beflügelte die Alchemisten des Mittelalters, die aus “unedlen Stoffen” edles Gold zu fabrizieren suchten. Heute wird der Traum zum Geschäftsmodell der modernen Finanzjongleure, deren Finanzinnovationen Traumrenditen von 25 Prozent und mehr bringen sollen. Die Alchemisten scheiterten, doch immerhin erfanden sie am sächsischen Hof das “weiße Gold”. Die modernen Finanz-Alchemisten hingegen hinterlassen nichts als ruinierte Banken, geplünderte Staatskassen und eine “Realökonomie” in Trümmern.
Statt Geld zu machen, haben sie Geld verbrannt. Das tut ihnen nicht weh, denn es war nicht ihres, und die “goldenen Fallschirme” saftiger Prämien ermöglichten die weiche Landung. Um die Verluste der Privaten aufzufangen, haben die Regierungen und Zentralbanken diesseits und jenseits des Atlantik mehr als 2.000 Milliarden US-Dollar öffentliche Mittel locker gemacht. Die sonst so knauserigen Regierungen hatten keine Alternative, nachdem sie selbst durch Liberalisierung und Deregulierung der Märkte den privaten Akteuren das Feld überlassen hatten, auf dem diese ihre hochrentierlichen Geschäftmodelle ausspielen konnten, bis es krachte. (mehr…)

Attac - Kinospot zur Finanzmarktkrise

Wir freuen uns sehr, den neuen breitenwirksamen Attac-Spot zur Finanzmarktkrise vorstellen zu können! Der kurze Werbefilm eignet sich optimal als Einspieler vor Präsentationen, Diskussionsrunden und natürlich jedem Kinofilm. Mehr als 50 Kinos haben uns ihre Kooperation bereits fest zugesagt (Stand 6.11.). Wir freuen uns über jede weitere Aufführung.
Produziert wurde der Spot von Thomas Bohn mit seiner Crew. Einen ganz herzlichen Dank an alle, die sich an seiner Erstellung und Gestaltung beteiligt haben!

Kontakt Attac

Privatisierung des Wohlfahrtsstaates gefährdet Demokratie

Der Neoliberalismus will alles privatisieren, egal ob Bildungsinstitutionen, Stadtwerke oder Gefängnisse. Ein Gespräch dazu mit dem Politikwissenschaftler Christoph Butterwegge

Von Michael Klarmann

butterwegge_gr.jpgDer Neoliberalismus gefährdet die Demokratie und das Gemeinwesen, sagt Christoph Butterwegge, Professor für Politikwissenschaft an der Universität Köln. Der 56-Jährige ist Mitautor des Mitte August erscheinenden Buches “Kritik des Neoliberalismus”, in dem Butterwegge zusammen mit einer Sozialwissenschaftlerin und einem Ökonomen Grundlagen, Theorien und geschichtliche Hintergründe des “Marktradikalismus” analysiert. Dabei werden auch unterschiedliche Denkschulen und die Widersprüche einer Wirtschaftsform der “Umverteilung von unten nach oben” dargestellt. (mehr…)

Angriff aufs Grundgesetz

Von Daniel Behruzi

aasgeier-db.jpgDer für Donnerstag geplante Streikauftakt bei der Bahn findet vorerst nicht statt. Das Nürnberger Arbeitsgericht verbot der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) am Mittwoch per einstweiliger Verfügung, zu Arbeitsniederlegungen im Fern- und Güterverkehr aufzurufen. Vor allem die Begründung des Urteils, in der u.a. auf drohende volkswirtschaftliche Schäden durch den Streik verwiesen wird, sorgt bei Juristen und Gewerkschaftern für Empörung. Die Fahrpersonalgewerkschaft, die sofort Widerspruch gegen das Verbot einlegte, will sich an die Entscheidung halten, solange diese Bestand hat. Zugleich kündigte GDL-Chef Manfred Schell am Mittwoch in Frankfurt am Main an, bei Arbeitskampfmaßnahmen im Personenverkehr künftig keine Vorwarnungen mehr zu geben.
Bis zum 30. September sind Arbeitsniederlegungen der Gerichtsentscheidung zufolge bundesweit verboten. Mit dem Widerspruch der GDL wollen sich die Nürnberger Richter erst am Freitag befassen. Sollte dieser und die dann folgende Berufung beim Landesarbeitsgericht ohne Erfolg bleiben, will die GDL vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. (mehr…)

Geiseln der Privatisierung

Die Gewerkschaften müssen über neue Kampfmethoden nachdenken

KOMMENTAR VON OSKAR LAFONTAINE

generalstreik.jpgDie Realeinkommen der Bahn-Beschäftigten befinden sich seit 2005 im freien Fall. Vor allem aufgrund von Arbeitszeitverlängerungen sind sie im letzten Jahr um rund zehn Prozent gefallen. Und auf die letzten drei Jahre bezogen, weist die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) sogar einen Reallohnverlust von fast dreißig Prozent aus. Vor diesem Hintergrund wirkt die Forderung von Lohnsteigerungen bis zu 31 Prozent keineswegs schrill. Zum Vergleich: Laut dem DB-Geschäftsbericht sind die Gesamtbezüge des achtköpfigen Bahn-Vorstands allein 2006 um 62,5 Prozent auf über 20 Millionen Euro gestiegen. Der Aufsichtsrat, der dies genehmigte, verdreifachte sogar fast seine Bezüge auf 875.000 Euro. Komme es zu Bahn-Streiks, so schade das der Wirtschaft und dem Ansehen Deutschlands, ließ Bundeswirtschaftsminister Glos in der Bild am Sonntag verlauten. Die parteiischen Töne des Bundeswirtschaftsministers zeigen, auf welcher Seite er steht. Ein neutralerer Beobachter hätte ja auch darauf verweisen können, dass es ja vielleicht sogar dem Ansehen Deutschlands schade, dass ein deutscher Lokführer weniger als die Hälfte am Ende eines Monats nach Hause trägt als sein Schweizer Kollege - oder rund tausend Euro weniger als ein spanischer und französischer Kollege! (mehr…)

Der Bologna-Prozess für einen „Europäischen Hochschulraum“ – oder wie ein europäischer Traum an der Wettbewerbsideologie zerplatzte

Von Wolfgang Lieb, NachDenkSeiten

hyaene.jpgLernen im Gleichschritt“ hat mich in meiner Kritik bestätigt, die ich seit längerer Zeit am Hochschulreformprozess hin zur „unternehmerischen“ Hochschule übe. Lemke endet mit dem Satz „Schade, dass der Name Bologna nun auch zum Symbol für das Begräbnis der Europäischen Universität geworden ist!“ So sehe ich das auch.
Die Bologna-Erklärung für einen „Europäischen Hochschulraum“ ist 1999 von 31 europäischen Bildungsministern unterzeichnet wurde. Ich war bis zum Jahre 2000 Staatssekretär im Nordrhein-Westfälischen Wissenschaftsministerium und habe deshalb die Diskussion um diese Erklärung mitverfolgt, ja sogar mitbegleitet. Aus heutiger Sicht muss ich enttäuscht feststellen, dass die Visionen und Hoffnungen, die ich zu Beginn damit verbunden habe, im Verlauf des Bologna-Prozesses geradezu pervertiert worden sind. (mehr…)

Das prekäre Leben

Thorsten Stegemann

Wird Deutschland zum Billiglohn-Sektor mit befristeten Perspektiven? Junge Akademiker zwischen Praktikum und Prekariat

prekariat-war-job.jpgMit dem Vertrauen in die Leistungsfähigkeit des deutschen Bildungssystems ist vielfach auch die Hoffnung zerstört worden, dass eine effiziente, nachweislich zielorientierte und qualitativ vermeintlich hochwertige Ausbildung auf geradem Wege zum angestrebten Traumjob führt. Die Realität sieht – trotz sinkender Arbeitslosigkeit und galoppierendem Wirtschaftswachstum – anders aus. Facharbeiter finden oft jahrelang keine adäquate Beschäftigung, Selbstständige stehen immer öfter und schneller vor dem finanziellen Ruin, und Hochschulabsolventen werden mit unschöner Regelmäßigkeit zwischengeparkt, um in Praktika, Volontariaten und befristeten Arbeitsverhältnissen erste Erfahrungen zu sammeln, die den Auftraggebern nicht selten und ganz nebenbei Spitzenleistungen zu Dumpinglöhnen sichern.
Ein willkürliches Beispiel: Allein das kleine Bundesland Bremen verzeichnet nach Angaben der örtlichen Arbeitnehmerkammer (1) 69.500 Mini-Jobber, 20.000 Vollzeitbeschäftigte mit Niedriglöhnen, rund 30.000 Arbeitnehmer mit befristeten Verträgen und fast 6.000 Leiharbeiter, 3.000 Ein-Euro-Jobber, etwa 4.500 Vollzeiterwerbstätige, die zusätzlich Alg II beantragen - und obendrein noch “eine nicht unerhebliche Zahl” von Scheinselbstständigen und Ich-Ags. Zwischen 1999 und 2006 ist die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisse hier von 280.000 auf 271.800 zurückgegangen. (mehr…)