Deutsche Tornados für Afghanistan
von Dr. Heinz Loquai, Brigadegeneral a. D., Meckenheim
Am 9. März stimmte der deutsche Bundestag einem Antrag der Bundesregierung zu, der eine Verlegung einer Kampfgruppe von Tornado-Aufklärungsflugzeugen nach Afghanistan und eine Beteiligung dieses deutschen Kontingents am Krieg in Afghanistan zum Ziel hat. Es war nicht anders zu erwarten, als dass das deutsche Parlament mit deutlicher Mehrheit diesem Vorhaben der Regierung zustimmen würde. Wie bei anderen Kriegseinsätzen der Bundeswehr stand die Zustimmung des Parlaments auch für diesen Kampfeinsatz nicht in Frage. Politisch interessant erschien vor allem das Ausmass der Mehrheit.
Wenn es um Auslandeinsätze der Bundeswehr geht, ist das deutsche Parlament ein verlässlicher Partner der Bundesregierung. «Im Ausland zu Hause» titelt der «Bonner Generalanzeiger» am 24. Februar. Die «Zukunft der Bundeswehr» liege im Ausland, sie rücke weltweit aus, «um die globalen Interessen der Mittelmacht Deutschland zu schützen», meint der Verfasser Holger Möhle. Das scheint – kurz gefasst – heute das Leitmotiv deutscher Aussen- und Sicherheitspolitik quer durch den grössten Teil der deutschen Medien- und Parteienlandschaft zu sein.
Dies wird der zweite Kriegseinsatz der bundesdeutschen Luftwaffe werden. Acht Jahre ist es her, seit die Luftwaffe sich mit Flugzeugen zur bewaffneten Aufklärung am Nato-Krieg gegen Jugoslawien beteiligte – der erste Kriegseinsatz deutscher Soldaten nach dem Zweiten Weltkrieg. Gibt es zwischen der damaligen Entscheidungssituation und heute Parallelen? Zeigt sich daran schliesslich auch eine Art Kontinuität deutscher Politik, nicht zuletzt im Umgang mit der deutschen Öffentlichkeit? (mehr…)
Deutliche Zeichen - Der kommende Krieg gegen den Iran
Die auf einen bevorstehenden Angriff der USA auf den Iran hindeutenden Zeichen werden zunehmend unübersehbar.
So berichtete die russische Nachrichtenagentur RIA Novosti bereits am Montag der vergangenen Woche - allerdings bemerkenswerterweise nicht auf ihren englischsprachigen Seiten - unter Berufung auf einen Artikel der russischen Wochenzeitung Argumenty Nedeli, daß am Karfreitag, also dem 6. April dieses Jahres, der Angriff auf den Iran beginnen werde. Der Angriff, der den Namen “Operation Biß” tragen werde, solle 12 Stunden lang, von morgens 04:00 Uhr bis nachmittags 16:00 Uhr Ortszeit andauern, so der bekannte russische Journalist Andrei Uglanov unter Berufung auf “dem russischen Generalstab nahestehende Militärexperten” in Argumenty Nedeli.
Gegenüber RIA Novosti bestätigte der russische Generaloberst Leonid Ivashov, stellvertretender Präsident der Moskauer Akademie für geopolitische Wissenschaften, am vergangenen Mittwoch diese Aussagen. “Ich habe keine Zweifel, dass es eine Operation, genauer gesagt, eine gewaltsame Aktion gegen den Iran geben wird”, sagte er gegenüber der Nachrichtenagentur. Er halte es auch nicht für “ausgeschlossen”, daß bei diesem Angriff “kleine taktische Atomwaffen” zum Einsatz kämen. (mehr…)
Die Neuausrichtung
Fördert die neue Politik der Administration unsere Feinde im «Krieg gegen Terrorismus»?
von Seymour M. Hersh
Ein strategischer Kurswechsel
In den letzten Monaten, in denen sich die Situation im Irak verschlechterte, hat die Bush-Administration ihre Strategie im Nahen Osten erheblich verändert, sowohl bezüglich ihrer öffentlichen Diplomatie als auch in ihren Geheimdienstoperationen. Die «Neuausrichtung», wie einige innerhalb des Weissen Hauses die neue Strategie genannt haben, hat die Vereinigten Staaten näher an eine offene Konfrontation mit Iran geführt und sie, in Teilen der Region, in einen sich ausbreitenden religiösen Konflikt zwischen schiitischen und sunnitischen Moslems getrieben.
Um Iran zu untergraben, der vorwiegend schiitisch ist, hat die Bush-Administration tatsächlich entschieden, ihre Prioritäten im Nahen Osten neu zu setzen. In Libanon hat die Bush-Administration mit Saudi-Arabiens Regierung, die sunnitisch ist, bei Geheimoperationen kooperiert, deren Ziel es war, die Hizbollah zu schwächen – die schiitische Organisation, die durch Iran unterstützt wird. Die USA haben auch an den verdeckten Operationen teilgenommen, die auf Iran und dessen Verbündeten Syrien zielten. Eine Begleiterscheinung dieser Aktivitäten war die Stärkung sunnitischer Extremistengruppen, die sich für eine militante Vision des Islams einsetzen, die Amerika feindlich gegenüberstehen und mit al-Kaida sympathisieren. (mehr…)
Menschenopfer unverzichtbar
KABUL/BERLIN/GÃœTERSLOH
Ungeachtet der für heute angekündigten Ermordung deutscher Geiseln will die Bundesregierung “Härte” zeigen. Es sei “das richtige Signal”, die von den Entführern erhobene Forderung nach Abzug der deutschen Afghanistan-Truppen negativ zu bescheiden, erklärte die deutsche Kanzlerin am gestrigen Montag. Etwaige Konsequenzen für das Leben der Geiseln nannte Frau Merkel “bitter”, aber unvermeidbar, da sich Berlin “nicht erpressen lassen” werde. Auch der Präsident der afghanischen Zwangsverwaltung, Karzai, riet in Berlin zu einem unnachgiebigen Besatzungskurs, der durch zusätzliche ausländische Militärhilfe effizienter gemacht werden müsse. Deutschland soll sein “Engagement” fortsetzen, auch wenn dies “nicht billig” komme, ergänzte der Außenminister des Kabuler Regimes. Zum deutschen Engagement in Afghanistan gehört ein Verbindungsbüro der Heinrich-Böll-Stiftung.
Dessen Leiter ist Teil eines Netzwerks, das “Transformation Thinkers” fördert und von der bundeseigenen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) sowie vom Medienkonzern Bertelsmann betrieben wird. Auch im Irak verfügt das Netz über entsprechende Verbindungen. Die “Transformation Thinkers” sind Angehörige der Eliten aus Schwellen- und Entwicklungsländern. Sie sollen in ihren Heimatstaaten für weltmarktkonforme Nationalökonomien mit enger Anbindung an die westlichen Metropolen sorgen. Orientierungsmaßstab ist ein von Bertelsmann entwickelter “Transformation Index”, der die Welt in “Reformstaaten” und sogenannte “Modernisierungsverweigerer” teilt. (mehr…)
Krieg dem Irak-Krieg
Von Rainer Rupp
Aufgrund jüngster Befehle des Pentagon ist die Zahl der zusätzlich in den Irak geschickten US-Soldaten auf 30000 gestiegen. Eine Antwort darauf gaben am Samstag in Washington mehrere zehntausend Menschen mit einem Marsch zum US-Kriegsministerium. Sie trugen Plakate und Parolen wie »USA raus aus Irak– sofort« oder »Hände weg von Iran«. Der Marsch sollte an den Beginn des US-Angriffskrieges gegen Irak am 20. März 2003 erinnern, der nach Berechnungen unabhängiger Experten bereits über 650000 Iraker und 3200 US-amerikanischen Besatzern das Leben gekostet hat. Die Demonstration führte entlang der gleichen Strecke, wo vor 40 Jahren der erste Protestzug dieser Art stattgefunden hatte, damals gegen den Vietnam-Krieg. Mehrere Hundert Kriegsbefürworter hatten sich in der Nähe des Pentagon mit Plakaten wie »Zur Hölle mit Euch Verrätern« und »Unterstützt Präsident Bush« zu einer Gegendemonstration zusammengefunden.
Die Polizei machte keine Angaben zur Zahl der Demonstranten in Wa shington. Schätzungen von Journalisten zufolge gab es 50000 Teilnehmer. Die großen US-Medien wie die New York Times versuchten, den Protest herunterzuspielen und berichteten nur von »Tausenden«. In Wirklichkeit deutet die Beteiligung einer aus mehreren tausend Demonstranten bestehenden Koalition christlicher Gruppen wie »Sojourners/Call to Renewal« am Marsch auf das Pentagon auf eine Verbreiterung der Protestbasis in der US-amerikanischen Gesellschaft hin. Viele Christen waren bereits in der Nacht zum Samstag von der Polizei festgenommen worden, nachdem sie vor dem Weißen Haus protestiert und gebetet hatten. In Handschellen wurden die Festgenommenen, darunter auch Priester, von der Polizei in Reisebussen weggekarrt. (mehr…)
Achillesferse
PHÄNOMEN STEINMEIER
Seine Außenpolitik trägt nicht den ideologischen Firnis des Vorgängers Fischer - doch den Habitus westlicher Unfehlbarkeit. Der “Fall Kurnaz” ist ein Beispiel dafür.
Eine europäische Außenpolitik gibt es nicht. Javier Solana tut nur so, als ob es eine gäbe. Seine Vielfliegerei allein macht noch keine konsistente Außenpolitik. Es gibt zwei weitere Gründe, warum es sie nicht gibt. Zum einen liegt das an dem bis zur Lächerlichkeit reichenden Bedürfnis von Jacques Chirac, seine volle Autonomie in der Außen- und Sicherheitspolitik bei jeder Gelegenheit und aus noch so nichtigen Anlässen grandios zu inszenieren. Der wichtigste Grund dafür, dass es keine europäische Außenpolitik gibt, ist freilich die zum Vasallentum neigende britische und deutsche Außenpolitik. Und damit kommt Frank-Walter Steinmeier ins Spiel.
Was er als Außenpolitik betreibt, das beginnt, vollzieht sich und endet immer als Beschwörung des “transatlantischen Verhältnisses”. Seine Rede auf der 43. Münchner Sicherheitskonferenz handelte nur davon und richtete sich nur nach den geostrategischen Imperativen der amerikanischen Außenpolitik. Als der syrische Präsident vor einigen Monaten ein paar schroffe Sätze zum israelischen Besatzungsregime wagte, blies Steinmeier sofort eine zu diesem Zeitpunkt vorgesehene Reise nach Damaskus ab. Der völlig irrationalen US-Politik gegen den Iran trottet Steinmeier einfach hinterher, obwohl das Land den Vertrag über die Nichtweiterverbreitung von Kernwaffen unterzeichnet hat - im Unterschied zu Indien, Israel, und Pakistan (Nordkorea hat ihn 2003 gekündigt). Selbstbewusste Diplomatie bestünde darin, dem Iran absolut präzise internationale Kontrollen abzutrotzen und dies mit dem Zugeständnis an Teheran zu verbinden, Israel, Pakistan, Indien und Nordkorea dasselbe zuzumuten - mit Unterstützung der USA. (mehr…)
Krieg bedeutet Frieden, Freiheit ist Sklaverei, Unwissenheit ist Stärke
Von Michael Schulze von Glaßer
George Orwell beschreibt in seinem Bestseller Roman „1984“ einen totalitären Überwachungs- und Präventivstaat in dem eine andere Meinung als die der Herrschenden unmöglich erscheint. Orwell stellt in seiner Anti-Utopie viele Instrumente der Unterdrückung vor, das wohl grausamste ist neben der Überwachung die Einführung einer neuen Sprache: Neusprech.
Die Sprache wurde von der „Partei“ eingeführt um jede Art des alternativen Denkens zu unterbinden. Dies geschieht mit der Reduzierung des Wortschatzes und Sinnumkehrungen. Orwells Roman mag unwirklich und unrealistisch erscheinen, doch sind wir schon im Anfangsstadium seiner Anti-Utopie: (mehr…)
Halliburtons Flucht nach Dubai
Die Börsenkolumne aus New York von Lars Halter
Mit der katastrophalen Pleite des einstigen Energieriesen Enron hat Houston, Texas, vor sechs Jahren seinen größten Arbeitgeber verloren. Jetzt zieht die Nummer Zwei ab: Halliburton, einer der größten Dienstleister für die Öl- und Kriegsbranche, verlegt seinen Sitz nach Dubai. Für einige Manager wird es höchste Zeit.
Die jüngste Geschichte von Halliburton ist erstaunlich von vorne bis hinten. Das Unternehmen, das von 1995 bis 1999 vom heutigen amerikanischen Vize-Präsidenten Dick Cheney geführt wurde, hat in den letzten Jahren massiv von seiner Nähe zur Politik in Washington profitiert - und konnte ungestört walten. Es dauerte nicht lange, bis man seine Ausnahmeposition schonungslos ausnutzte und missbrauchte. (mehr…)
Ungebremst in den Krieg
Die Energiereserven Irans sowie die Folgen aus den Militäreinsätzen gegen Afghanistan und Irak treiben die USA dazu, Iran in absehbarer Zeit anzugreifen
Von Knut Mellenthin
Die führenden Politiker der Demokratischen Partei der USA wollen Präsident George W. Bush für seinen geplanten nächsten Krieg gegen Iran keine Steine in den Weg legen. Und das ist sogar noch sehr zurückhaltend ausgedrückt. Tatsächlich sind sie dabei, ihm für dieses Vorhaben den roten Teppich auszurollen. Darüber mag sich wundern, wer wirklich geglaubt hatte, nach der Niederlage der Republikaner bei der Kongreßwahl im November vorigen Jahres werde sich an der aufs Militärische zentrierten Nah- und Mittelostpolitik der USA Wesentliches ändern.
Gerade mal zwei Monate ist es her, daß demokratische Politiker vom Präsidenten die verbindliche Zusage verlangten, vor einem Angriff auf Iran die Zustimmung des Kongresses, also sowohl des Abgeordnetenhauses als auch des Senats, einzuholen. In beiden Häusern des Kongresses wurden entsprechende Gesetzesinitiativen angeschoben. In einer Anhörung vor dem Senat wurde Außenministerin Condoleezza Rice am 11. Januar mit der Frage konfrontiert: »Meint die Regierung, daß sie das Recht hat, ohne Billigung des Kongresses einseitige Maßnahmen gegen Iran zu ergreifen, auch wenn keine direkte Bedrohung vorliegt?« Rice versprach, die Frage zu einem späteren Zeitpunkt zu beantworten. Das hat sie selbstverständlich nicht getan und wird es wohl auch künftig nicht tun müssen. (mehr…)
Ist Frieden unverantwortlich?
Bundesregierung zeigt sich über die Abweisung der Klage gegen den Tornado-Einsatz erfreut.
Ein Kommentar von Martin Müller-Mertens
So schätzt die Bundesregierung wohl das Bundesverfassungsgericht. Aus formalen Gründen wiesen die Karlsruher Richter am Montag eine Klage von zwei Unions-Abgeordneten gegen den Tornado-Einsatz in Afghanistan zurück. Nur eine Fraktion hätte die Möglichkeit zur Klage, sofern sie Rechte des Bundestages berührt sieht. Die Reaktion des politischen Berlin macht aus dieser juristischen jedoch eine politische Begründung im Sinne imperialer Kriegspolitik.
Daß die Begründung der Nichtzulassung juristisch wasserdicht ist, kann an dieser Stelle nicht fachgerecht überprüft und soll daher auch nicht kommentiert werden. Politisch fraglich ist es allemal, inwieweit Klage- und andere Rechte auf Fraktionen begrenzt bleiben sollen, obgleich der Bundestag zunächst ihrem Gewissen verpflichtete Einzelabgeordnete versammelt. Hier setzt sich das Bild eines Parlaments fort, für dessen Beschreibung gelegentlich Worte wie Fraktionszwang oder auch Quatschbude fallen. Doch darüber haben die Karlsruher Richter nun einmal nicht zu entscheiden. (mehr…)