Hitler war kein Unfall der Geschichte

Hitler als Vorläufer

ad-sinistram

Wenige Jahre vor seinem Tod, schrieb Carl Amery ein Essay, welches in besorgniserregender Art und Weise verdeutlicht, in welcher Tradition, mit welchem Erbe behaftet unsere Zeit ist. Ein Erbe, welches gerade heute, in Tagen entfesselten Konsum- und Kosten-Nutzen-Denkens, in Gänze zur Geltung kommt, in denen aufbricht, was schon seit Jahren verkrustet schien.


In „Hitler als Vorläufer – Auschwitz, der Beginn des 21. Jahrhunderts?“ räumt Amery auf mit der heute vorherrschenden Annahme, dass die Zeit des Hitlerismus, also die Jahre 1933 bis 1945, eine Art Unfall deutscher Geschichte darstellen. Es sei eben nicht ein unerklärlicher Rückfall in die Barbarei oder ins Mittelalter – welches bei weitem nicht so brutal war, wie diese zwölf Jahre deutscher und europäischer Geschichte -, sondern die logische Konsequenz einer entfesselten Wissenschaftlichkeit. Gleichwohl stehen diese zwölf Jahre, steht auch Auschwitz, nicht abgeschottet von der danach folgenden Zukunft. Für Amery sind die Jahre 1933 bis 1945 nicht unerklärlich und stehen nicht innerhalb des 20. Jahrhunderts, wie Jahre, die da eigentlich nicht hineinpaßten – im Gegenteil: die Zeiten des Hitlerismus, gerade auch der Genozid an allerlei Ethnien, stehen dort folgerichtig und sind nicht vom Heute isolierend zu betrachten.
So legt der Autor dar, wie Hitler als Kind seiner Zeit, dazu überging, in der „grausamen Königin aller Weisheit“ – nach einem Zitat in Hitlers „Mein Kampf“ -, den einzigen Leitgedanken seiner Politik zu erkennen. Er sei der Feldherr dieser Königin gewesen, die man als den pervertierten Gedanken des Darwinismus verstehen muß. Die Königin ist jener blutrünstige Umstand, der sich für die Menschen des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts, als Kampf auf Leben und Tod, der sich in der Natur manifestiert, als Grundprinzip des Daseins abzeichnete. Selbst menschliche Gesellschaften würden diesem Prinzip unterliegen und die Politik habe dieser kruden Metaphysik Folge zu leisten und den Kampf dahingehend zu führen, der eigenen Rasse das Ãœberleben zu sichern. Rassischer Sozialdarwinismus: das ist die hitleristische „grausame Königin aller Weisheit“. (mehr…)

Barack Obama: Vorsicht vor allzu großen Hoffnungen!

Von Jürgen Wagner, IMI

Unbestreitbar haben die letzten acht Jahre unter der Präsidentschaft George W. Bushs den USA aber auch dem Rest der Welt schweren Schaden zugefügt. Vor allem der “Krieg gegen den Terror” mit den beiden desaströsen Kriegen gegen den Irak und Afghanistan haben das Ansehen der Vereinigten Staaten in der Welt auf einen historischen Tiefpunkt sinken lassen. Darüber hinaus ist es begrüßenswert, dass mit Obama erstmals ein Afro-Amerikaner zum US-Präsidenten gewählt wurde. Auch setzt sich sein innenpolitisches Programm deutlich von dem seines unterlegenen Herausforderers John McCain ab. Angesichts des offensichtlich kritischen Gesundheitszustandes McCains war allein schon die Aussicht, dass im Falle seines Todes Sarah Palin als dessen Nachfolgerin ins Präsidentenamt aufsteigen würde, schlichtweg gruselig. Trotz alledem sollte man jedoch nicht die Augen davor verschließen, dass vieles darauf hindeutet, dass bzgl. der an Obama gerichteten friedenspolitischen Erwartungen der große Katzenjammer droht.
So deutet einiges darauf hin, dass er – nicht zuletzt aufgrund der großen wirtschaftlichen Probleme der USA – versuchen wird, die EU-Staaten künftig deutlich stärker militärisch in die Pflicht zu nehmen, auch sie soll einen angemessenen Beitrag zur Aufrechterhaltung der westlich dominierten kapitalistischen Ordnung leisten. Auch die Auswahl seines Beraterteams, Obamas eigene Äußerungen und Veröffentlichungen aus dem demokratischen Umfeld, geben keinen Anlass zu allzu großem Optimismus. Vom Irak über die grundsätzliche Haltung gegenüber Militäreinsätzen bis hin zum Verhältnis mit Russland deutet leider wenig darauf hin, dass mit einer grundsätzlichen Wende zu rechnen ist. (mehr…)

Wer zahlt eigentlich, wenn das Geld arbeitet?

Von Löwen und Lämmern: “Let’s make money” ist eine Reise in die Gehege des Raubtierkapitalismus

Von Rüdiger Suchsland

Es sind harte Schläge direkt ins Gesicht, die der Kapitalismus hier erhält. Ziemlich viele, sein Gesicht ist zur Fratze entstellt, die hübsche Maske aufgerissen. Noch stürmen zwar keine Massen die Banken wie zu Beginn der 30er Jahre, aber das kann ja noch kommen, und manchen Banken würde man das angesichts Erwin Wagenhofers Film auch wünschen. “Lets make money” kehrt den ideologischen Scherbenhaufen zusammen, der vom implodierenden Neoliberalismus übrig geblieben ist. Sein Film zeigt die Produktionsbedingungen der Finanzkrise, er zeigt aber auch, warum es höchstwahrscheinlich so weiter gehen wird, warum auf die Krise keineswegs eine grundlegende Veränderung unserer Wirtschaft folgen wird.

Der Kapitalismus ist ein blutiges Geschäft. Das sagen nicht irgendwelche seiner Verächter, sondern die ehrlicheren unter seinen Verteidigern. Etwa Mark Mobius (1), “Investment-Guru” einer ganzen Generation, der – aus Steuergründen von Singapur aus - Fonds in Milliardenhöhe verwaltet. “Man muss kaufen, wenn das Blut auf den Straßen liegt”, zitiert er im Film eine alte Wall-Street-Weisheit und fügt verschmitzt hinzu, “und wenn es Dein eigenes ist.” All das sitzt bis zum letzten Hieb: Da zeigt der Film das Gekritzel sowjetischer Soldaten an den Mauern des Reichstags, entstanden kurz nach Kriegsende im Mai 1945. Dazu sagt der SPD-Abgeordnete Hermann Scheer: “Wenn wir so weitermachen, dann kommen neue Selektionsmechanismen.” Die Botschaft ist klar. Auf die Krise folgt die Knappheit, auf die Knappheit Verteilungskämpfe. Und dann beginnt die Barbarei. Und - das muss man wohl für die hinzufügen, die jetzt denken “und wenn schon, wo gehobelt wird, da fallen Späne, und Verteilungskämpfe sind halt das Leben” - es ist keineswegs ausgemacht, dass der Westen nicht jenes Ancien Regime unseres Zeitalters ist, dass von den neuen Sansculotten aus Afrika hinweggefegt wird, bevor dann dein kleiner Korporal auch Peking kommt… Wir wissen nicht, wie es Mobius gerade geht, denn Erwin Wagenhofers (”We Feed the World”) Film ist selbstverständlich vor der aktuellen Finanzkrise entstanden - vermutlich kauft er gerade in großem Stil ein. Denn auch wenn ohne jeden Zweifel derzeit das Blut der Aktienhändler, Finanzjongleure und Casino-Kapitalisten in Strömen fließt - falls sie ihren eigenen Ãœberzeugungen nur einigermaßen vertrauen - wovon man, wie immer bei Gläubigen, auch in diesem Fall ausgehen darf - sitzen jetzt schon die ersten von ihnen in Wartestellung, um zu kaufen, nicht zu früh, aber bitte auch nicht zu spät. Im ein paar Jahren macht Wagenhofer dann vielleicht einen Film über diejenigen, die sich gerade eine goldene Nase verdienen. (mehr…)

Militärische Meeresabenteuer der Europäischen Union und Deutschlands mit langfristigen Folgen

Tobias Pflüger , IMI

Nachdem schon lange Pressemeldungen über einen bevorstehenden EU-Militäreinsatz gegen Piraterie insbesondere vor der Küste Somalias kursierten, beschloss der EU-Rat am Freitag den 19. September diese “Gemeinsame Aktion”. Die so genannte NAVCO-Mission soll in einer ersten Stufe militärische Koordinierungshilfe für bereits vor Ort befindliche Kriegsschiffe verschiedener EU-Staaten leisten. Darüber hinaus ist NAVCO aber die Vorstufe für den ersten maritimen EU-Militäreinsatz überhaupt. Er soll Ende des Jahres vor der Küste Somalias beginnen. Auch Deutschland will sich an ihm beteiligen.
Der zuständige Ausschuss des Europäischen Parlamentes, der Unterausschuss Sicherheit und Verteidigung, wurde vom Beschluss des Rates erst am Montagabend offiziell informiert. Am Dienstagabend gab es dazu eine Debatte im Plenum des Europäischen Parlamentes mit “Informationen” über diesen EU-Militäreinsatz durch den Verkehrskommissar und den für Verkehrspolitik zuständigen Vertreter der französischen Ratspräsidentschaft. Völlig fehlten in der Debatte die für Außen- und Militärpolitik zuständigen Rats- und Kommissionsvertreter.

Dazu auch bei german-foreign-policy.com: S.O.S. Piraten

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Deutscher Afghanistaneinsatz ohne politische Vernunft

Von Jürgen Rose

Mit der Übernahme der schnellen Eingreiftruppe QRF im Norden ist die Bundeswehr erstmals mit einem reinen Kampfverband in Afghanistan im Einsatz. Zeitgleich zum Beginn des Kommandos wurden deutsche Soldaten bei einem Anschlag verletzt. Der Kriegsschauplatz ist für westliche Truppen inzwischen gefährlicher als der im Irak, vor allem aber leidet die afghanische Bevölkerung, ausländische Helfer ziehen sich zurück. Die Koalition in Berlin will das Bundeswehr-Mandat dennoch im Herbst verlängern und 1000 weitere Soldaten entsenden.

«Wichtig ist, die Deutschen in Kunduz zu bekämpfen und zu töten. Die Deutschen sind der wichtigste Feind im Norden, und wegen ihrer Stationierung in Kunduz wird diese Stadt bald zum Kandahar des Nordens.» Die Ansage von Taliban-Kommandeur Qari Bashir Haqqani an die Bundeswehr vor wenigen Wochen macht deutlich, dass der Boden für die deutsche Isaf-Truppe auch in der stets als relativ friedlich dargestellten Besatzungszone Nord immer heisser wird. Aus den von ihr kontrollierten Gebieten im Süden stösst die afghanische Guerilla über Provinzen im Westen immer weiter auf die von den Deutschen gehaltenen Positionen vor. In blutigen Gefechten gelang es zwar den Isaf-Verbänden im Herbst 2007 und in diesem Frühjahr, die Organized Militant Forces genannten Feindkräfte zurückzuschlagen – aber nur vorläufig. Mitte Juni vermochten es die Taliban in einem spektakulären Handstreich, das Sarpossa-Gefängnis in Kandahar zu stürmen. Nicht nur die afghanische Staatsmacht, sondern auch die internationalen Besatzungstruppen wurden regelrecht vorgeführt.
Von daher erstaunt es nicht, dass die Pariser Afghanistan-Konferenz im Juni eine ernüchternde Bilanz des Nato-Militäreinsatzes gezogen hat. «Die Sicherheitslage ist seit Anfang 2006 deutlich instabiler geworden, vor allem im Süden und Osten des Landes, einige Distrikte sind nach wie vor grösstenteils unzugänglich für afghanische Amtsträger und Helfer. Etwa 6% aller Schulen wurden niedergebrannt oder geschlossen, wodurch etwa 200 000 Kinder nicht unterrichtet werden können. 220 Schüler und Lehrer kamen durch militärische Gewalt ums Leben», hiess es im Abschlusspapier. (mehr…)

Noam Chomsky - ein Interview von Vincent Navarro

von Noam Chomsky und Vincent Navarro

Ãœbersetzt von: Andrea Noll - Znet

Download Mega-PosterNavarro: Vielen, vielen Dank, dass Sie uns eingeladen haben.


Chomsky: Ich freue mich, dass Sie mir die Möglichkeit geben, mit Ihnen zu reden. [...]

Ich möchte mit Ihnen ein wenig über Sie selbst und die USA sprechen. Außerhalb der USA gelten Sie als der bekannteste US-Intellektuelle. Den meisten Menschen, die nicht in Amerika leben, ist wohl nicht ganz klar, was es bedeutet, dass der bekannteste amerikanische Intellektuelle sehr selten in den US-Medien erscheint. Auf den großen Sendern - CBS, NBC und den vielen anderen - sehen wir Sie nie. Für Viele ist das unverständlich - schließlich wird Amerika immer wieder als eine extrem aktive und dynamische Demokratie dargestellt und idealisiert. Viele begreifen nicht, wie sehr die Linke in Amerika diskriminiert ist. Diese Diskriminierung findet selbst innerhalb der Linken des liberalen Establishments statt. Was sagen Sie dazu? Wie erklären Sie sich die Diskriminierung in den meisten Foren?


Ich denke, die Kreise, die mich am meisten fürchten und ablehnen, sind wohl die links-liberalen intellektuellen Zirkel. Ein Beispiel - in graphischer Form - hängt eingerahmt direkt vor meiner Tür, falls Sie einen Blick darauf werfen wollen. Es ist eines meiner Lieblings-Cover und stammt von der Titelseite von The American Prospect. Dieses Magazin ist das mehr oder weniger offizielle Journal der links-liberalen Intellektuellen. Auf dem Titelbild ist dargestellt, unter welch schrecklichen Bedingungen sie zu überleben versuchen, welche enormen Kräfte sie praktisch zerstören. Man sieht zwei Typen mit wütenden, aggressiven Gesichtern. Der eine ist Dick Cheney (mit dem Pentagon), auf der anderen Seite bin ich abgebildet. (Man sieht), wie die links-liberalen Intellektuellen zwischen diesen beiden gewaltigen Kräften feststecken. Das Bild verdeutlicht ihre Paranoia und Sorge über einen möglichen minimalen Bruch mit der Orthodoxie. Typischerweise haben die liberalen Intellektuellen die Funktion eines Torwächters (nicht nur in den USA): Bis hierher und keinen Millimeter weiter. Die Vorstellung, dass einer auch nur einen Millimeter weiter geht, ist für sie ein Horror. Das gilt auch für sämtliche große Medien. Stimmt, die USA sind ein sehr freies Land, das freieste in der Welt. Ich glaube beispielsweise nicht, dass die Redefreiheit irgendwo auf der Welt mehr geschützt wird. Aber die USA sind auch eine sehr gelenkte Gesellschaft, eine von der Geschäftswelt gelenkte Gesellschaft, sehr sorgfältig gemanagt, mit sehr strikten, doktrinären Erwartungen. Abweichungen werden nicht geduldet - das wäre zu gefährlich. (mehr…)

Auf dem Weg zu Krieg und Notstandsdiktatur

Von JÜRGEN ELSÄSSER

Am 7. Mai 2008 stellte die Bundestagsfraktion der Union ihre tags zuvor beschlossene „Sicherheits strategie für Deutschland” vor. Durchgehende Leitlinie der Ãœberlegungen ist, dass „die bisherige Trennung von innerer und äußerer Sicherheit oder in Kriegszustand und Friedenszeit nicht länger aufrechterhalten“ werden kann. Mit George Orwell gesagt: Krieg ist Frieden, und Frieden ist Krieg. Die „veränderte Bedrohungslage erfordert ein völlig neues Verständnis von Sicherheitspolitik.“ Und weiter: „Die Erhöhung der Wehrhaftigkeit Deutschlands nach Außen wie nach Innen muss sich auch organisatorisch in der deutschen Sicherheitsarchitektur niederschlagen.“ Die Notwendigkeit dieses Umbruchs wird so begründet: „Die Sicherheit unseres Landes ist heute völlig anderen, aber nicht minder gefährlichen Bedrohungen ausgesetzt als zu Zeiten des ‘Kalten Krieges’. Heute ist der transnationale Terrorismus die größte Gefahr für die Sicherheit unseres Gemeinwesens.“ Damit wird das Phantom Al Qaida und islamistischer Gruppen als noch größere Bedrohung dargestellt als früher der Warschauer Pakt und die kommunistische Bewegung. Die Schlussfolgerung liegt auf der Hand: Staat und Gesellschaft müssen sich noch stärker verpanzern als im Kalten Krieg. (mehr…)

Dazu auch in der jungen Welt: Mit Zeitzünder

Gefährliches Spiel

“Nationaler Sicherheitsrat” - was macht die Union so selbstsicher?

Von Michael Jäger

Zuerst möchte man es nur lächerlich finden, dass die Union zum wiederholten Mal eine “Sicherheitsstrategie” auftischt, die nicht einmal von der FDP mitgetragen wird, was seit langem bekannt ist, und von den anderen Parteien schon gar nicht. Die Union weiß genau, eine parlamentarische Mehrheit wird es für ihren Vorstoß nie geben. Aber das kann uns nicht beruhigen, denn der Vorstoß zielt ja gerade auf Unabhängigkeit von parlamentarischen Mehrheiten. Das ist überhaupt nicht komisch: Wenn die Union öffentlich überlegt, wie ihr “Nationaler Sicherheitsrat” gegen das Parlament seine Routinearbeit erledigen würde, muss sie sich doch auch heimlich gefragt haben, wie er gegen das Parlament zu allererst eingerichtet werden kann. Und ihre Antwort kennen wir nicht.
“Die Diskussion über die aktuellen Bundeswehr-Einsätze macht deutlich, dass es notwendig ist, die Sicherheitspolitik Deutschlands der Öffentlichkeit stärker zu vermitteln und sie zu begründen”, heißt es zur Erklärung. Der Afghanistan-Krieg hat die Deutschen nicht von der Notwendigkeit der Einsätze überzeugt, sie wollen die Lehren, die George W. Bush aus dem 11. September zog, partout nicht mittragen; und was sich gar nicht von selbst versteht, in diesem Fall artikuliert sich die Wählermehrheit auch als parlamentarische Mehrheit. Der zitierte Satz spricht aber von einer Sicherheitspolitik, die nicht erst zur Wahl gestellt wird, um dann eventuell Bevölkerung und Parteien zu überzeugen. Nein, sie ist offenbar bereits vorhanden, muss nur noch gegen die Bedrohung durch den Mehrheitswillen gesichert werden. So lesen wir, als Teil multinationaler Eingreifverbände müsse die Bundeswehr auch dann kurzfristig einsatzfähig sein, wenn eine Entscheidung des Bundestages “nicht rechtzeitig” herbeigeführt werden könne.  (mehr…)

Die Versicherheitlichung des Klimawandels

Wie Brüssel die Erderwärmung für die Militarisierung der Europäischen Union instrumentalisiert

Von Jürgen Wagner, IMI

Seit einiger Zeit reden nicht allein nur Umweltschützer über das Wetter bzw. das Klima, mittlerweile haben auch Politiker und seit neuem auch Militärs das Thema für sich entdeckt. So beschäftigte sich der UN-Sicherheitsrat im April 2007 erstmals mit den “Auswirkungen des Klimawandels auf den Frieden und die Sicherheit.”[1] Selbst in den Vereinigten Staaten, wo eigentlich versucht wird, das Phänomen grundsätzlich zu verleugnen, fordern mittlerweile prominent besetzte Kommissionen, die sicherheitspolitischen Folgen des Klimawandels stärker zu beachten.[2] Inzwischen verpflichtete der US-Kongress die Regierung sogar darauf, den Auswirkungen der Erderwärmung in allen relevanten Sicherheitsdokumenten eine hohe Priorität einzuräumen.[3]
Demgegenüber hatte die Europäische Union das hier brachliegende “Potenzial” lange nicht erkannt. In der Europäischen Sicherheitsstrategie vom Dezember 2003 wurde der Klimawandel “nur beiläufig erwähnt.”[4] Dies soll sich nun ändern. Schon im Juni 2007 wurden der EU-Außenbeauftragte Javier Solana und die EU-Kommission angewiesen, einen Bericht zu den sicherheitspolitischen Auswirkungen des Klimawandels anzufertigen. Am 14. März 2008 wurden die Ergebnisse unter dem Titel “Klimawandel und internationale Sicherheit” veröffentlicht (fortan als EU-Klimastrategie zitiert) und am selben Tag vom Rat der Europäischen Union gebilligt.[5] Bis Juni soll ein weiterer Zwischenbericht erarbeitet und Ende 2008 ein abschließendes Strategiepapier zum Thema fertig gestellt werden. (mehr…)

Friedensverräter

Die Verfassungsrichter kassieren eine rot-grüne Legende

Von Jürgen Rose

Lügen haben kurze Beine”, besagt eine Volksweisheit. Aber mehr als fünf Jahre - bis zum 7. Mai 2008 - hat es immerhin gedauert, die während des Irak-Krieges amtierende Bundesregierung einer schamlosen Täuschung der deutschen Öffentlichkeit zu überführen. Hatte Kanzler Schröder stets hoch und heilig versichert, man sei nicht an einem unter US-Kommando geführten Krieg gegen den Irak beteiligt, urteilte nunmehr das Bundesverfassungsgericht: “Mit der Luftraumüberwachung der Türkei in AWACS-Flugzeugen der NATO haben sich deutsche Soldaten an einem Militäreinsatz beteiligt, bei dem greifbare tatsächliche Anhaltspunkte für eine drohende Verstrickung in bewaffnete Auseinandersetzungen bestanden.” Um die fliegenden NATO-Gefechtsstände hatte Ankara die Alliierten gebeten, als Saddam Hussein drohte, jeder Verbündete der USA in der Region, der die Aggression gegen sein Land unterstütze, werde Ziel von Verteidigungsschlägen sein. Deutsche Luftwaffensoldaten stellten etwa ein Drittel der Besatzungen, ohne sie wäre ein Einsatz des NATO-AWACS-Verbandes unmöglich gewesen.
Entscheiden musste Karlsruhe über eine Klage der FDP-Fraktion, weil sich die rot-grüne Bundesregierung seinerzeit geweigert hatte, für diese Operation der Bundeswehr das Plazet des Parlamentes einzuholen. Mit dem jetzt ergangenen Urteil, das der Klägerin vollständig Recht gibt, hat das höchste Gericht dieses Landes bewusst einen Meilenstein gesetzt - die parlamentarischen Beteiligungsrechte an bewaffneten Einsätzen deutscher Streitkräfte dürfen nicht ignoriert werden. So konstatiert der 2. Senat wohl nicht zufällig im Blick auf die heutige globale NATO-Strategie: “Wegen der politischen Dynamik eines Bündnissystems ist es umso bedeutsamer, dass die größer gewordene Verantwortung für den Einsatz bewaffneter Streitkräfte in der Hand des Repräsentationsorgans des Volkes liegt.”  (mehr…)

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