„David gegen Goliath“ – das geplante Handelsabkommen zwischen der EU und den Afrika-Karibik-Pazifik-Staaten soll den reichen Ländern neue Märkte eröffnen

NachDenkSeiten 

flagge-brd-afrika.jpgWeitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit laufen die Verhandlungen zwischen der Europäischen Union und den Afrika-Karibik-Pazifik-Staaten (AKP-Staaten) zu den Economic Partnership Agreements (EPAs). Die wirtschaftliche Zusammenarbeit wird mit wohlklingenden Begründungen wie etwa der “Beseitigung der Armut”, der „Förderung nachhaltiger Entwicklung“, der „Förderung der Menschenrechte“ und der „Förderung der Demokratie” propagiert. Ein Beitrag von Christine Wicht.
Die Verhandlungen zwischen der EU und den AKP-Staaten sollen bis spätestens Dezember 2007 abgeschlossen sein, die Umsetzung im Januar 2008 beginnen und zwischen 10 und 12 Jahren dauern. Die AKP-Staaten sollen ihre Märkte stärker für die Wirtschaft der EU öffnen und im Gegenzug mit Hilfe von „Zollpräferenzen“ Zugang zu europäischen Märkten erhalten. Afrikanische Kleinbauern und Produzenten, befürchten hingegen den Zusammenbruch lokaler Produktionszweige, ein Sinken der Ernährungssouveränität und eine zunehmende Abhängigkeit von Europa. Kritiker monieren die Öffnung von Bereichen, die weit über die WTO-Regelungen hinaus gehen, wie beispielsweise die Liberalisierung von Investitions- und Dienstleistungsmärkten. Die Bedingungen, an die das Abkommen geknüpft ist, geben Anlass zu der Befürchtung, dass sich die Situation für die betroffenen AKP-Staaten, entgegen den Lockrufen der Vertreter der Europäischen Union, nicht verbessern, sondern erheblich verschlechtern wird. (mehr…)

Die Einheitsprofiteure

 Abbau Ost: Wie westdeutsche Banken sich an der DDR bereicherten
Von Lydia Krüger

deutsche-bank.jpgSiebzehn Jahre sind seit dem Ende der DDR und ihrem Anschluß an die Bundesrepublik inzwischen vergangen. Von einer deutschen Einheit im Sinne der Gleichwertigkeit von Lebensverhältnissen kann jedoch keine Rede sein: So ist die Arbeitslosenquote in den sogenannten neuen Ländern mit offiziell 14,1 Prozent immer noch doppelt so hoch wie in den alten, wo sie aktuell bei sieben Prozent liegt. Und obwohl im Osten länger gearbeitet wird, erzielen die Beschäftigten dort nur 77 Prozent des durchschnittlichen Westeinkommens. Wie sehr die hohe Arbeitslosigkeit in den neuen Ländern ausgenutzt wird, um Löhne immer weiter zu drücken, sieht man daran, daß in etwa einem Drittel der ostdeutschen Betriebe Ein-Euro-Jobber in der Mehrheit sind. Kein Wunder, daß gerade junge und qualifizierte Menschen dem Osten den Rücken kehren und so statt den versprochenen »blühenden Landschaften« zum Teil sehr trostlose Gegenden hinterlassen. (mehr…)

Der Bologna-Prozess für einen „Europäischen Hochschulraum“ – oder wie ein europäischer Traum an der Wettbewerbsideologie zerplatzte

Von Wolfgang Lieb, NachDenkSeiten

hyaene.jpgLernen im Gleichschritt“ hat mich in meiner Kritik bestätigt, die ich seit längerer Zeit am Hochschulreformprozess hin zur „unternehmerischen“ Hochschule übe. Lemke endet mit dem Satz „Schade, dass der Name Bologna nun auch zum Symbol für das Begräbnis der Europäischen Universität geworden ist!“ So sehe ich das auch.
Die Bologna-Erklärung für einen „Europäischen Hochschulraum“ ist 1999 von 31 europäischen Bildungsministern unterzeichnet wurde. Ich war bis zum Jahre 2000 Staatssekretär im Nordrhein-Westfälischen Wissenschaftsministerium und habe deshalb die Diskussion um diese Erklärung mitverfolgt, ja sogar mitbegleitet. Aus heutiger Sicht muss ich enttäuscht feststellen, dass die Visionen und Hoffnungen, die ich zu Beginn damit verbunden habe, im Verlauf des Bologna-Prozesses geradezu pervertiert worden sind. (mehr…)

“Ich hab’s mir nicht ausgesucht”

Von Jens Wernicke

Ergebnisbericht einer Studie zu den Auswirkungen von Hartz IV auf die Betroffenen

arbeit_macht_frei.jpgVon Ende März bis Ende September 2006 hat die Sozialwissenschaftlerin Anne Ames (1) im Auftrag des Zentrums Gesellschaftliche Verantwortung (2) (ZGV) der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau eine Fragebogenerhebung bei Bezieherinnen und Beziehern von Arbeitslosengeld II (ALG II) durchgeführt. Ziel der Erhebung war es, die Umsetzung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) und deren Auswirkungen aus der Sicht und dem Erleben der Betroffenen zu erkunden.
Der Ergebnisbericht (3) liegt nun unter dem Titel “Ich hab es mir nicht ausgesucht” vor. Bereits an zweiter Stelle der am schwersten erlebten Entbehrungen der Betroffenen, so eins der zentralen Ergebnisse, “steht (…) (dabei) die Ernährung. Offenbar sparen sich viele (…) die Ausgaben für Dinge, die im Regelsatz nicht vorgesehen sind - etwa eine Monatskarte für den Stadtverkehr, das Abonnement einer Tageszeitung, Geburtstags- oder Weihnachtsgeschenke - buchstäblich vom Munde ab”. (mehr…)

Tödliches Copyright

Von Andreas Henrichs

Von der rigorosen Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte und einem verschärften Patentschutz bei Arzneimitteln profitieren vor allem Pharmaunternehmen aus den reichen Industrienationen. Auf der Strecke bleiben dabei arme Patienten in den Entwicklungs- und Schwellenländern

aids.jpgNach Angaben (1) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist die Immunschwächekrankheit HIV/AIDS weltweit die vierthäufigste Todesursache. Von den über 40 Millionen infizierten Menschen werden 75% nicht oder nicht ausreichend medikamentös behandelt. Dies betrifft alleine im südlichen Afrika 1,8 Milionen HIV-infizierte Kinder , deren Angehörige sich die teuren Orginalmedikamente der renommierten Pharmakonzerne nicht leisten können, da ihr Preis durch die enthaltenen Patent- und Lizenzgebühren ihre wirtschaftlichen Möglichkeiten bei weitem übersteigt. Die Aids-Mittel der ersten Generation sind zwar noch als sogenannte Generika, dh. preiswerte, chemisch und biologisch exakte Nachbauten der Orginalpräparate erhältlich, aber namenhafte Arzneimittelhersteller gehen juristisch gegen die Produzenten der lebensrettenden generischen Medikamente vor und weigern sich die neueren antiretroviralen Pharmazeutika der zweiten Generation auch armen Patienten zugänglich zu machen.
Seit Unterzeichnung des WTO-Abkommens über handelsbezogene geistige Eigentumsrechte (TRIPS) im Jahr 1994 überziehen Interessenverbände der Copyright-Industrien die Öffentlichkeit mit immer neuen Kampagnen zur “Verteidigung der Autorenrechte” und dem “Schutz des geistigen Eigentums”. Ziel dieser PR-Offensive ist die Schaffung eine gesellschaftlichen Klimas, in dem das Kopieren einer Musik-CD genauso selbstverständlich als Straftat – und damit als unmoralisch - bewertet wird, wie z. B. die legale Produktion eines patentrechtlich geschützten Medikaments unter einer staatlich angeordneten Zwangslizenz. Das unermüdliche Werben um die ständige Verschärfung der Urheber- und Patentrechte fällt bei vielen Regierungen der reichen Industrienationen auf fruchtbaren Boden. Die negativen Folgen dieser Politik für die Grundversorgung vieler Entwicklungsländer mit bezahlbaren, nicht gentechnisch veränderten Grundnahrungsmitteln oder preiswerten Medikamenten finden in der öffentlichen Diskussion jedoch kaum Beachtung. Die Abschlusserklärung (2) des kürzlich zuende gegangenen G-8 Gipfeltreffens in Heiligendamm erscheint in dieser Hinsicht paradigmatisch. Zu dem Thema Patentrecht heißt es dort:

“Ein voll funktionierendes System des geistigen Eigentums ist ein wesentlicher Faktor für die nachhaltige Entwicklung der Weltwirtschaft durch die Förderung von Innovation. Wir wissen wie wichtig es ist, das internationale Patentsystem zu straffen und zu harmonisieren, um den Erwerb und Schutz von Patentrechten weltweit zu verbessern.” (mehr…)

Der Demokrat der Stunde: Eugen Drewermann

 Eugen Drewermann (* 20. Juni 1940 in Bergkamen bei Dortmund) ist ein deutscher Theologe, Psychoanalytiker, Schriftsteller und ein bekannter Vertreter der sogenannten tiefenpsychologischen Exegese.

drewermann.jpgIn der Wochenzeitung Freitag bezieht er immer wieder Stellung zu existentiellen Fragen. Drewermann ist gelegentlich Gast in Fernseh-Talkshows und wird zu Vorträgen überall im deutschsprachigen Raum eingeladen. Seine Wirkung auf viele Menschen geht, wie selbst Kritiker einräumen, nicht zuletzt von einer charismatischen Redebegabung aus, die weniger in oft hektischen Talkshows als vielmehr bei Vorträgen spürbar wird. Mit eindringlich-sanfter Stimme, die von einigen als monoton bezeichnet wird, vermag er über Stunden ohne Manuskript nahezu fehlerlos wie in Schriftsprache vor großem, ihm gebannt lauschenden Publikum zu sprechen. Dabei meidet er Alltagsjargon ebenso wie abgegriffene Redewendungen, so dass seine Sprache durchweg auf hoher Stilebene angesiedelt ist.
Die Vorträge sind zudem klar gegliedert und enthalten eine Fülle von Beispielen aus der Literatur- und Philosophiegeschichte, Naturwissenschaft und Politik. In seiner Tätigkeit als Seelsorger, etwa mit Depressiven, meidet Drewermann “theologische Trostformeln”, die zum Grundbestand der christlichen Dogmatik gehörten, für den Kranken allerdings “religiöse Sprüche” seien. Auch würden sie der Freiheit des Menschen in seiner jeweiligen Notlage nicht gerecht. Statt von der “Vergebung der Sünden”, dem Kreuzestod wie der Auferstehung Jesu, der Erlösung durch die Taufe zu sprechen oder die Beichte bei Schuldgefühlen anzuempfehlen, setzt er auf die Begleitung durch einen Psychoanalytiker. An ihm könne sich der Leidende aufrichten und so über einen großen Zeitraum Vertrauen zu sich selber aufbauen. Diese lange Wegstrecke sei wesentlich christlich, ja an der Bergpredigt orientiert. (mehr …)

Der Gerechtigkeit einen Korb geben

Die Novellierung des Urheberrechts als Zehnkampf der Idiotie

Marcus Hammerschmitt

korb.jpgNach langen und zähen Beratungen ist der sogenannte zweite Korb der Urheberrechtsnovelle vergangene Woche im Bundestag verabschiedet worden. Die eigentlichen Urheber von Medieninhalten enteignen, die Wissenschaft beschädigen, und auf den Schulhöfen Angst vor Strafverfolgung säen - das muss man erstmal in einem Aufwasch schaffen. Dem Bundestag gelingt es.
Wenn in Deutschland ein Gesetz zu schnell durchgeht, dann kann man im Allgemeinen den Kopf einziehen. Das heißt aber noch lange nicht, dass gut wird, was lange währt, wie die aktuelle Novellierung des Urheberrechts deutlich zeigt. Nachdem nun der sogenannte “zweite Korb” im Rahmen dieser Novellierung vom Bundestag beschlossen wurde (der erste Korb war vor allem eine Anpassung des deutschen Rechts an Vorgaben aus Brüssel) wird immer deutlicher, dass der Begriff Urheberrecht für die zusammengebrutzelte Ratatouille im Grunde gar nicht mehr sinnvoll ist. (mehr…)

IMI - gemein aber nützlich

Zum Versuch, die Informationsstelle Militarisierung (IMI) durch Versagung der Gemeinnützigkeit mundtot zu machen.

schwein-schema.jpgDer Tübinger Verein Informationsstelle Militarisierung versteht sich als Scharnier zwischen Wissenschaft und Friedensbewegung und verfolgt seit der Gründung 1996 entsprechend seiner Satzung das Ziel, Informationen, die dem Frieden und der Völkerverständigung dienen, zu veröffentlichen und zu verbreiten. Hierbei nimmt er eine kritische Haltung zur deutschen Beteiligung an Angriffskriegen, zum Einsatz der Bundeswehr im Inneren und zum Abbau der Bürger- und Menschenrechte ein.
Seit Februar 2006 verweigerte uns das Finanzamt Tübingen einen endgültigen Freistellungsbescheid und hiermit die Anerkennung unserer Gemeinnützigkeit. Als Grund wurde genannt, eine nicht näher spezifizierte Behörde hätte Zweifel an der Verfassungstreue des Vereins erhoben. Seit dem wurden dem Verein - trotz massiver Nachfragen - keine weiteren Angaben über die Behörde und die Anschuldigungen gemacht. (mehr…)

Tarnen und Täuschen

Bundeswehr vernichtete wichtige Daten. Behinderung der Aufklärung in Verschleppungsfällen Kurnaz und Khafagy
Ulla Jelpke


bananenrepublik.jpgHat die Bundeswehr vorsätzlich Geheimunterlagen vernichtet, die Hinweise auf eine Mittäterschaft deutscher Soldaten bei der Verschleppung und Mißhandlung von Terrorverdächtigen durch die CIA geben? Laut einem Bericht des ARD-Magazins »Report« vom Montag abend hat das Verteidigungsministerium gegenüber dem Verteidigungsausschuß des Bundestages eingestanden, daß die Geheimdienstinformationen über Auslandseinsätze der Bundeswehr aus den Jahren 1999 bis 2003 nicht mehr vorliegen. Es geht um die beim Zentrum für Nachrichtenwesen der Bundeswehr (ZNBw) gesammelten Berichte deutscher und ausländischer Geheimdienste und Militärattachés zur Lagebeurteilung in Einsatzländern wie Kosovo und Afghanistan. Der Verteidigungsausschuß hatte sämtliche der Bundeswehr vorliegende Meldungen über den Einsatz im afghanischen Kandahar angefordert. So sollten die Vorwürfe des vom US-Geheimdienst verschleppten Bremers Murat Kurnaz aufgeklärt werden, er sei im Januar 2002 von Soldaten des Kommandos Spezialkräfte »KSK« der Bundeswehr mißhandelt worden. (mehr…)

Die Trivialisierung der Politik

Sabine Christiansen und Tony Blair reiten dem Sonnenuntergang entgegen
Reinhard Jellen

verbot.jpgLetzten Sonntag ging im Fernsehen gleich zweimal eine Ära zuende: Sabine Christiansen (1) plauderte ein letztes mal auf Human-Interest-Niveau über Politik und anschließend wurde in den “Tagesthemen” die bevorstehende Ablösung des britischen Premiers Tony Blair durch seinen Schatzmeister Gordon Brown (2) verkündet. Während die ehemalige Stewardess und “Tagesthemen”-Sprecherin mit ihrer Talkshow von Anfang an Kritik und Häme einstecken musste, war Blair als Hoffnungsträger von Labour gestartet. Beide verabschieden sich mit katastrophalen Popularitätswerten: Laut einer Umfrage für den Stern werden gut achtzig Prozent der Zuschauer die naturblonde Gastgeberin nicht vermissen (3), während Tony Blair als der nach Michael Foot zweitunbeliebteste Labour-Führer (4) aus dem Amt scheidet. Beide haben jedoch Entwicklungen losgetreten, die auch auf lange Sicht nicht zu stoppen sein werden: Der fortschreitende Neoliberalisierung der Gesellschaft, die Ersetzung politischer Inhalte durch mediale Wirkung sowie die Banalisierung von Politik.
Am Sonntagabend wurde bei “Christiansen” noch einmal jene journalistische Schonkost geboten, für welche die Sendung berühmt und berüchtigt war: Zu Gast war Horst Köhler (5), aktueller Bundespräsident und ehemaliger Vorsteher des IWF, der während seiner Wirkungszeit unter anderem Argentinien mit Reformen beglückte, deren Auswirkungen dort noch heute zu spüren sind. Das neoliberale Urgestein wird angekündigt als ein Mann, “der über dem Streit der Parteien steht” und den 80 % der Deutschen sympathisch finden - wahrscheinlich weil er beim Reden blicken kann wie ein Hund, dem man eine Wurst vor die Nase hält. (mehr…)

« vorherige SeiteNächste Seite »