Das prekäre Leben
Wird Deutschland zum Billiglohn-Sektor mit befristeten Perspektiven? Junge Akademiker zwischen Praktikum und Prekariat
Mit dem Vertrauen in die Leistungsfähigkeit des deutschen Bildungssystems ist vielfach auch die Hoffnung zerstört worden, dass eine effiziente, nachweislich zielorientierte und qualitativ vermeintlich hochwertige Ausbildung auf geradem Wege zum angestrebten Traumjob führt. Die Realität sieht – trotz sinkender Arbeitslosigkeit und galoppierendem Wirtschaftswachstum – anders aus. Facharbeiter finden oft jahrelang keine adäquate Beschäftigung, Selbstständige stehen immer öfter und schneller vor dem finanziellen Ruin, und Hochschulabsolventen werden mit unschöner Regelmäßigkeit zwischengeparkt, um in Praktika, Volontariaten und befristeten Arbeitsverhältnissen erste Erfahrungen zu sammeln, die den Auftraggebern nicht selten und ganz nebenbei Spitzenleistungen zu Dumpinglöhnen sichern.
Ein willkürliches Beispiel: Allein das kleine Bundesland Bremen verzeichnet nach Angaben der örtlichen Arbeitnehmerkammer (1) 69.500 Mini-Jobber, 20.000 Vollzeitbeschäftigte mit Niedriglöhnen, rund 30.000 Arbeitnehmer mit befristeten Verträgen und fast 6.000 Leiharbeiter, 3.000 Ein-Euro-Jobber, etwa 4.500 Vollzeiterwerbstätige, die zusätzlich Alg II beantragen - und obendrein noch “eine nicht unerhebliche Zahl” von Scheinselbstständigen und Ich-Ags. Zwischen 1999 und 2006 ist die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisse hier von 280.000 auf 271.800 zurückgegangen. (mehr…)
Folter für die Freiheit
Ein halbes Jahr nach seiner Freilassung berichtet Murat Kurnaz ausführlich über seine Erlebnisse
Der Name Murat Kurnaz tauchte erstmals 2002 in der deutschen Presse auf, die ihm den Beinamen “Der Bremer Taliban” andichtete. In den folgenden Jahren gab es immer wieder Berichte, Spekulationen, Schlussfolgerungen, letztendlich wusste man aber nur eines mit Sicherheit: Dass ein junger Deutschtürke kurz nach Beginn des Afghanistanfeldzuges von den USA inhaftiert und im Gefangenenlager Guantanamo festgehalten (1) wurde. In dem soeben erschienenen Buch “Fünf Jahre meines Lebens” berichtet Murat Kurnaz, was ihm in dieser Zeit geschah.
“Weißt Du, was die Deutschen mit den Juden gemacht haben? Genau das machen wir jetzt mit Euch.” Mit diesen Worten wird der Deutschtürke Murat Kurnaz im Frühjahr 2002 im US-Gefangenenlager Guantanamo Bay auf Kuba begrüßt. Da hat er bereits mehrere Monate unter unmenschlichen Umständen in einem amerikanischen Lager nahe der afghanischen Stadt Kandahar zugebracht, hatte ansehen müssen, wie Mitgefangene gefoltert und ermordet wurden, bis er schließlich selbst misshandelt wurde – unter anderen von Beamten des deutschen KSK, gegen die heute aufgrund von Kurnaz Aussagen ermittelt wird.
Murat Kurnaz, 1982 in Bremen geboren und dort aufgewachsen, flog im Oktober 2001, kurz nach seiner Hochzeit, nach Pakistan, um am Mansur-Center in Lahore seine Korankenntnisse zu vertiefen. Auf dem Weg zum Flughafen, auf dem Rückweg nach Deutschland, setzten ihn pakistanische Polizisten fest und verkauften ihn für 3000 Dollar an die USA. Eine Militärmaschine brachte ihn und vierzehn weitere Häftlingen nach Afghanistan. Ein fünfjähriges Martyrium begann. Erstmals berichtete die Presse über den “Bremer Taliban”. Er sei als Kämpfer gegen die USA nach Afghanistan in den Krieg gezogen, hieß es, und nahe der Bergfestung Tora Bora aufgegriffen worden.
Als er in Camp X-Ray auf Kuba ankam glaubte er noch immer, dass sich der Irrtum bald aufklären würde. Aber es stellte sich schnell heraus, dass die US-Behörden längst über sein komplettes Leben und somit auch seine Unschuld informiert waren. Es interessierte sie bloß nicht. (mehr…)
Europäische Allianz ELIANT startet europaweite Online-Unterschriftenaktion
Brüssel
Ab sofort kann man online auf der Homepage www.eliant.eu seine Stimme für die Aktion ELIANT abgeben. Die Unterschriftensammlung dient der Unterstützung und rechtlichen Sicherung von Initiativen angewandter Anthroposophie in Europa. Diese ist für Europa wichtig: für die Verfügbarkeit und Weiterentwicklung der Anthroposophischen Medizin, der Demeter Lebensmittel, der Waldorferziehung, der Heilpädagogik und anderer Initiativen der angewandten Anthroposophie.
Die Träger der Europäischen Allianz von Initiativen angewandter Anthroposophie / ELIANT setzen sich seit Jahren in Brüssel für die rechtliche Sicherung dieser Aktivitäten ein. Es gilt nun, diesem Einsatz mit demokratischen Mitteln durch das Sammeln von 1 Million Unterschriften das notwendige politische Gewicht zu verleihen. Dieses ist notwendig, weil z.B. Demeter International in Folge der EU-Vitaminverordnung für Säuglingsnahrung (EU-Richtlinie 96/5/EG) die Vertriebserlaubnis verloren hat, da die Demeter Richtlinie die künstliche Vitaminisierung nicht erlaubt, diese aber durch die EU Richtlinie gefordert ist. (mehr…)
eLearning in Afrika – Realität und Hoffnungen
Der afrikanische Kontinent zeigt sich den neuen Medien gegenüber aufgeschlossen. Auf der eLearning-Konferenz in Nairobi diskutieren im Mai afrikanische und internationale Teilnehmer über medienbasierte Lernmethoden. Johanna Limberg über die Chancen dieser Konferenz.
eLearning Africa 2007. Building Infrastructures and Capacities to Reach out to the Whole of Africa: Unter diesem Untertitel findet vom 28. bis 30. Mai in Nairobi, Kenia, die 2nd International Conference on ICT for Development, Education and Training statt. Die erste Konferenz zu diesem Thema in Addis Abeba, Äthiopien, im vorigen Jahr war auf große Resonanz und positive Bewertungen seitens der Initiatoren und Teilnehmer gestoßen.
Vielen erscheint es nach wie vor paradox, dass gerade afrikanische Staaten technologische Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten in gesamtgesellschaftlich relevanter Form umsetzen wollen und im Rahmen einer internationalen Konferenz thematisieren. Denn ihnen fehlt es an anhaltendem Wachstum und politischer Stabilität, sie befinden sich in einem Stadium relativ niedriger wirtschaftlicher, sozialer und politischer Entwicklung. Doch die häufig auftretende Annahme, Afrika habe im Allgemeinen andere Probleme und verharre in einer demokratischen Entwicklungen und so genannten High-Technologies, einschließlich der IUK-Medien, weithin verschlossenen Situation, greift zu kurz, ist ausschnitthaft und schon lange nicht mehr zutreffend. (mehr…)
Augen zu
Prioritäten - nicht nur - der Medien
Freace.de
Betrachtet man die Schlagzeilen der letzten Tage aufmerksam, so wird einmal mehr überdeutlich, wie die Medien - aber nicht nur sie - ihre Prioritäten setzen.
Am Montag erschoß der aus Südkorea stammende Cho Seung-Hui auf dem Gelände der technischen Universität in Blacksburg im US-Bundesstaat Virginia 32 Menschen. Weltweit, insbesondere aber im “Westen” war dies seitdem ein beherrschendes Thema in den Medien. Jede Einzelheit scheint es wert, darüber zu berichten - was allerdings auch gehäuft dazu führt, daß Meldungen immer wieder auf zweifelhaften Quellen beruhende Spekulationen enthalten.
Zweifellos handelt es sich hierbei um ein für die USA herausragendes Verbrechen. Andererseits findet die Tatsache, daß im Irak seit nunmehr über vier Jahren jeden Tag ein vielfaches dieser Zahl an Menschen infolge des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges der USA ihr Leben verlieren, kaum Beachtung. Selbst die folgenschwere Anschlagsserie in Baghdad vom Mittwoch, der über 180 Menschen zum Opfer fielen, bleibt in der Aufmerksamkeit der Medien weit hinter dem Massaker von Blacksburg zurück. Darüber hinaus wird der Ermordung dreier Menschen in der türkischen Stadt Malatya ohnehin noch mehr Aufmerksamkeit gewidmet. (mehr…)
Recht haben wird unbezahlbar
Scientology und Kai Diekmann, die Sekte Moon und der Olympiasieger Georg Hackl, Focus-Herausgeber Helmut Markwort und der rechtradikale Verleger Gerhard Frey - die Liste derjenigen, die schon gegen die taz geklagt haben, ist lang und illuster. Vor allem in den Anfangsjahren wurde die Zeitung, die unter dem Eindruck der Nachrichtensperre während des “heißen Herbsts” 1977 als Instrument gegen staatliche konzertierte Berichtsverzichte und verlegerische Zensur gegründet wurde, mit einer Vielzahl von Strafverfahren überzogen - wegen Verleumdung von kritisierten Behörden und deren Funktionären oder wegen Unterstützung terroristischer Vereinigungen, wenn zum Beispiel Verlautbarungen von Guerilla-Gruppen veröffentlicht wurden. Diese Verfahren waren lästig, aber wirtschaftlich erträglich. Das Teuerste waren die Anwaltskosten, und die fielen wegen der häufig am Ende stehenden Freisprüche oft gar nicht an.
Mit ihren Rechtsstreiten hat die taz in der Vergangenheit vielfach eine Vorreiterrolle bei der Verteidigung der Freiheit der Berichterstattung gespielt.
Seit Herbst 2005 nun zeichnet sich eine neue, für die taz lebensbedrohliche Tendenz ab: Seitdem wird das Mittel der zivilgerichtlichen Auseinandersetzung immer häufiger benutzt, um unliebsame Berichterstattung von vornherein zu unterbinden. Die dabei entstehenden hohen Prozessrisiken drohen jede freie Berichterstattung zu unterbinden. Sie sind zudem bei der gegenwärtigen Rechtsprechungslage geradezu unkalkulierbar und unvermeidbar. (mehr…)
Zeichen der Zeit
Aussagen einer Amtsrichterin und die Medien
Gleichgültig, welche Medien man vorzieht, derzeit herrscht in Deutschland überall das gleiche Thema: “deutsche Richterin beruft sich auf Koran”.
Was war geschehen? Eine aus Marokko stammende deutsche Staatsbürgerin wollte sich von ihrem ebenfalls aus Marokko stammenden Ehemann vor Ablauf des gesetzlichen Trennungsjahres scheiden lassen, weil dieser sie schlage und außerdem ihr Leben bedrohe. Dies habe die Richterin mit einem Verweis auf den Koran abgelehnt, demzufolge es Männern gestattet sei, ihre Ehefrauen zu schlagen, so die Medienberichte. Aufgrund eines entsprechenden Antrags der Frau wurde die Richterin daraufhin wegen “Befangenheit” von dem Fall abgezogen.
Liest man ausreichend viele Berichte über diesen Fall, so stellt sich dieser schon deutlich anders dar. Hauptgrund für die Anlehnung war anscheinend vielmehr, daß bereits ein Näherungsverbot für den Ehemann ausgesprochen worden war. Auch die Verbindung zum Koran ist keineswegs so klar, wie dies allenthalben dargestellt wird. “Die Ausübung des Züchtigungsrechts begründet keine unzumutbare Härte gemäß Paragraph 1565 BGB”, schrieb die Richterin im Januar einem Bericht der Frankfurter Rundschau zufolge in einem Brief. Es sei zu berücksichtigen, daß beide Ehepartner aus dem “marokkanischen Kulturkreis” stammten, wo es nicht unüblich sei, daß der Mann gegenüber der Frau ein “Züchtigungsrecht” habe, so die Richterin weiter. Offenbar sah sie also den Grund für die Gewalttätigkeit des Ehemannes insbesondere in dessen kulturellem Hintergrund. (mehr…)
Treten Sie zurück, Frau Schavan!
Voller Erfolg für Lehrer, dem Berufsverbot erteilt wurde
Von Karl Weiss
Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH) hat die Entscheidung von Frau Schavan, heute Bundesbildungsministerin, am 14. März als rechtswidrig eingestuft, einen Lehramtsanwärter, der als Referendar gut beurteilt wurde, aus politischen Gründen die Einstellung zu verweigern. Kaum je hat ein(e) amtierende(r) Bundesminister(in) eine schallendere Ohrfeige erhalten. Es muss aber befürchtet werden, dass Frau Schavan trotzdem nicht zurücktritt.
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe, zuständig für den Heidelberger Lehramtsanwärter, hatte vorher die Entscheidung von Frau Schavan gut geheißen.
Die Worte, welches der VGH benutzt, um dies zurückzuweisen, sind beeindruckend. Kaum je hat man eine klarere Schelte von bornierten Politikern und „staatstreuen“ Richtern gehört. (mehr…)
Krieg bedeutet Frieden, Freiheit ist Sklaverei, Unwissenheit ist Stärke
Von Michael Schulze von Glaßer
George Orwell beschreibt in seinem Bestseller Roman „1984“ einen totalitären Überwachungs- und Präventivstaat in dem eine andere Meinung als die der Herrschenden unmöglich erscheint. Orwell stellt in seiner Anti-Utopie viele Instrumente der Unterdrückung vor, das wohl grausamste ist neben der Überwachung die Einführung einer neuen Sprache: Neusprech.
Die Sprache wurde von der „Partei“ eingeführt um jede Art des alternativen Denkens zu unterbinden. Dies geschieht mit der Reduzierung des Wortschatzes und Sinnumkehrungen. Orwells Roman mag unwirklich und unrealistisch erscheinen, doch sind wir schon im Anfangsstadium seiner Anti-Utopie: (mehr…)
Rassistische Hochkultur
Neulich in Berlin: Hans-Olaf Henkel hält die Laudatio auf ein Buch, in dem es von Stereotypen des Faschismus wimmelt. Von Thomas Wagner
Am 16. Februar fand im Berliner Tagungscenter der Bundespressekonferenz eine denkwürdige Buchpräsentation statt. Eingeladen hatte der in Berlin und Bonn angesiedelte Westkreuz-Verlag. Der effekthaschende Titel des beworbenen Werkes verhieß nichts Gutes: »Das Ende des Weißen Mannes.
Eine Handlungsaufforderung«, Autor: Der Historiker Manfred Pohl (siehe unten). Zwischen Sektempfang und Mittagsimbiß hielt der ehemalige BDI-Präsident Hans-Olaf Henkel die Laudatio für das kulturrassistische Pamphlet aus dem inneren Kreis der deutschen Wirtschafts- und Politik elite. (mehr…)