Existenzvernichtung per Willkürakt

Rolf Gössner

EU-Terrorliste ohne demokratische Legitimation und Rechtsschutz


terrorliste.jpgFür einen Teil der Öffentlichkeit ist der 65-jährige philippinische Professor José Maria Sison ein Schriftsteller, Intellektueller und Freiheitskämpfer. Sison saß von 1977 bis 1986 unter dem philippinischen Diktator Marcos in Folterhaft und flüchtete 1990 vor der andauernden Verfolgung nach Holland, wo er seitdem als anerkannter politischer Flüchtling lebt. Der Europäische Rat hingegen ist anderer Auffassung: Am 28.10.2002 wurde Sison durch Ratsbeschluss 2002/848/EC als verantwortlicher Führer der philippinischen Befreiungsbewegung New People’s Army (NPA) auf die seit Dezember 2001 von der Europäischen Union geführten Liste terroristischer Personen und Körperschaften aufgenommen. Auch die NPA ist hier gelistet.

Die Folge der Aufnahme von Professor José Maria Sison auf die EU-Terrorliste war, dass von einem Tag auf den anderen seine bürgerliche Existenz praktisch ausgelöscht, seine Grundrechte suspendiert wurden. Die niederländische Regierung strich ihm seine bisher gewährte monatliche Sozialhilfe in Höhe von ca. 200 Euro. Seine Konten wurden gesperrt und die Einlagen eingefroren. Allen Finanzdienstleistern, einschließlich den Versicherungen, wurde untersagt, Verträge mit ihm abzuschließen. Er sollte sogar aus dem Haus ausziehen, in dem er und seine Familie eine Sozialwohnung bewohnen – aus rein humanitären Gründen durfte er zunächst dort wohnen bleiben. Er leidet unter zahlreichen Ãœberwachungsmaßnahmen und Einschränkungen. Seine Reputation als Intellektueller und Politiker ist stark beschädigt worden. (mehr…)

Folter für die Freiheit

Gerrit Wustmann

kurnatz.jpgEin halbes Jahr nach seiner Freilassung berichtet Murat Kurnaz ausführlich über seine Erlebnisse
Der Name Murat Kurnaz tauchte erstmals 2002 in der deutschen Presse auf, die ihm den Beinamen “Der Bremer Taliban” andichtete. In den folgenden Jahren gab es immer wieder Berichte, Spekulationen, Schlussfolgerungen, letztendlich wusste man aber nur eines mit Sicherheit: Dass ein junger Deutschtürke kurz nach Beginn des Afghanistanfeldzuges von den USA inhaftiert und im Gefangenenlager Guantanamo festgehalten (1) wurde. In dem soeben erschienenen Buch “Fünf Jahre meines Lebens” berichtet Murat Kurnaz, was ihm in dieser Zeit geschah.

“Weißt Du, was die Deutschen mit den Juden gemacht haben? Genau das machen wir jetzt mit Euch.” Mit diesen Worten wird der Deutschtürke Murat Kurnaz im Frühjahr 2002 im US-Gefangenenlager Guantanamo Bay auf Kuba begrüßt. Da hat er bereits mehrere Monate unter unmenschlichen Umständen in einem amerikanischen Lager nahe der afghanischen Stadt Kandahar zugebracht, hatte ansehen müssen, wie Mitgefangene gefoltert und ermordet wurden, bis er schließlich selbst misshandelt wurde – unter anderen von Beamten des deutschen KSK, gegen die heute aufgrund von Kurnaz Aussagen ermittelt wird.

Murat Kurnaz, 1982 in Bremen geboren und dort aufgewachsen, flog im Oktober 2001, kurz nach seiner Hochzeit, nach Pakistan, um am Mansur-Center in Lahore seine Korankenntnisse zu vertiefen. Auf dem Weg zum Flughafen, auf dem Rückweg nach Deutschland, setzten ihn pakistanische Polizisten fest und verkauften ihn für 3000 Dollar an die USA. Eine Militärmaschine brachte ihn und vierzehn weitere Häftlingen nach Afghanistan. Ein fünfjähriges Martyrium begann. Erstmals berichtete die Presse über den “Bremer Taliban”. Er sei als Kämpfer gegen die USA nach Afghanistan in den Krieg gezogen, hieß es, und nahe der Bergfestung Tora Bora aufgegriffen worden.

Als er in Camp X-Ray auf Kuba ankam glaubte er noch immer, dass sich der Irrtum bald aufklären würde. Aber es stellte sich schnell heraus, dass die US-Behörden längst über sein komplettes Leben und somit auch seine Unschuld informiert waren. Es interessierte sie bloß nicht. (mehr…)

Brauchen wir ein neues Sozialsystem

 www.nachdenkseiten.de

art20abs4.jpgZu unserem Beitrag vom 30.4. über den TAZ-Artikel “Brauchen wir ein neues Sozialsystem” von Hannes Koch und Katharina Koufen liefert Dieter Staadt einige interessante ergänzende Fakten. Albrecht Müler.
Der Taz-Artikel ist ein gutes Beispiel dafür, wie manche Anhänger des bedingungslosen Mindesteinkommens mit den Fakten jonglieren und die materiellen Auswirkungen schönrechnen, um das Modell populär zu machen.
Thüringens Ministerpräsident Althaus fordert mitnichten ein Grundeinkommen von 800 Euro, wie in dem Artikel dargestellt.

Er ist für 600 Euro zuzüglich einer Kopfpauschale für die Gesundheitsversorgung von 200 Euro.
Zwar sollen alle Sozialbeiträge abgeschafft werden - im Gegenzug soll aber die Lohnsteuer für alle Einkommen über 600 Euro auf sage und schreibe 50 Prozent erhöht werden. Das ist notwendig, um das Modell zu finanzieren. (mehr…)

Europäische Allianz ELIANT startet europaweite Online-Unterschriftenaktion

Brüssel

steiner2_nagy.jpg Ab sofort kann man online auf der Homepage www.eliant.eu seine Stimme für die Aktion ELIANT abgeben. Die Unterschriftensammlung dient der Unterstützung und rechtlichen Sicherung von Initiativen angewandter Anthroposophie in Europa. Diese ist für Europa wichtig: für die Verfügbarkeit und Weiterentwicklung der Anthroposophischen Medizin, der Demeter Lebensmittel, der Waldorferziehung, der Heilpädagogik und anderer Initiativen der angewandten Anthroposophie.
Die Träger der Europäischen Allianz von Initiativen angewandter Anthroposophie / ELIANT setzen sich seit Jahren in Brüssel für die rechtliche Sicherung dieser Aktivitäten ein. Es gilt nun, diesem Einsatz mit demokratischen Mitteln durch das Sammeln von 1 Million Unterschriften das notwendige politische Gewicht zu verleihen. Dieses ist notwendig, weil z.B. Demeter International in Folge der EU-Vitaminverordnung für Säuglingsnahrung (EU-Richtlinie 96/5/EG) die Vertriebserlaubnis verloren hat, da die Demeter Richtlinie die künstliche Vitaminisierung nicht erlaubt, diese aber durch die EU Richtlinie gefordert ist. (mehr…)

eLearning in Afrika – Realität und Hoffnungen

Von Johanna Limberg

286_totenkopfhigh.jpgDer afrikanische Kontinent zeigt sich den neuen Medien gegenüber aufgeschlossen. Auf der eLearning-Konferenz in Nairobi diskutieren im Mai afrikanische und internationale Teilnehmer über medienbasierte Lernmethoden. Johanna Limberg über die Chancen dieser Konferenz.
eLearning Africa 2007. Building Infrastructures and Capacities to Reach out to the Whole of Africa: Unter diesem Untertitel findet vom 28. bis 30. Mai in Nairobi, Kenia, die 2nd International Conference on ICT for Development, Education and Training statt. Die erste Konferenz zu diesem Thema in Addis Abeba, Äthiopien, im vorigen Jahr war auf große Resonanz und positive Bewertungen seitens der Initiatoren und Teilnehmer gestoßen.

Vielen erscheint es nach wie vor paradox, dass gerade afrikanische Staaten technologische Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten in gesamtgesellschaftlich relevanter Form umsetzen wollen und im Rahmen einer internationalen Konferenz thematisieren. Denn ihnen fehlt es an anhaltendem Wachstum und politischer Stabilität, sie befinden sich in einem Stadium relativ niedriger wirtschaftlicher, sozialer und politischer Entwicklung. Doch die häufig auftretende Annahme, Afrika habe im Allgemeinen andere Probleme und verharre in einer demokratischen Entwicklungen und so genannten High-Technologies, einschließlich der IUK-Medien, weithin verschlossenen Situation, greift zu kurz, ist ausschnitthaft und schon lange nicht mehr zutreffend. (mehr…)

Flächenbrand

Euphorie über Arbeitslosenzahlen
Von Arnold Schölzel

sturmer-hartz-lv.jpgFast Jahr für Jahr wird die Statistik der Bundesagentur für Arbeit brutaler gefälscht. Nach Meinung der Gewerkschaften gibt es derzeit etwa sieben Millionen, nach Meinung einiger Experten bis zu zehn Millionen Arbeitsuchende in diesem Land. Die Offiziellen selbst räumen ein: 1,4 Millionen Menschen werden nicht gezählt, weil sie in »arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen« stecken, viele über 58jährige und alle Ein-Euro-Jobber fallen aus der monatlichen Propagandashow von Nürnberg. Aber unabhängig von der amtlichen Fälschung: Die Daten vom Mittwoch mit »ein Grund, stolz zu sein« (Müntefering) zu begrüßen oder als »sehr erfreulich« (Merkel) zu bezeichnen, ist dreist.
Vier Millionen offiziell gezählte Arbeitslose sind demnach in der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2007 ein Anlaß zur Freude. Das festzustellen heißt, ein Urteil über das gesellschaftliche System, seine Politik, seine Wirtschaftsverhältnisse und die geistige Verfassung des Führungspersonals, fällen. Außerdem: An der Langzeitarbeitslosigkeit, an der Erwerbslosigkeit der Niedrig-Qualifizierten hat sich nichts, aber auch nicht das geringste geändert. (mehr…)

Die erfundene Terrorgefahr.

Von Mathias Bröckers


schaeuble-turban.jpgAm 10. April veröffentlichte Europol, der Zusammenschluß der europäischen Polizeibehörden, einen Bericht über die Gefahren des Terrorismus: “EU Terrorism and Trendreport 2007” . In den Großmedien hierzulande wurde die umfangreiche Studie nicht zum Thema, ja sie wurde nicht einmal erwähnt. Eine Meldung aus den USA hingegen, dass us-amerikanische Einrichtungen in Deutschland einer stärkeren Bedrohung ausgesetzt seien, landete vergangene Woche in sämtlichen Wiederholungsschleifen der Nachrichten. Wie kommt es, dass eine Meldung mit der zweifelhaften Quelle “US-Militärkreise” groß die Runde macht, eine umfangreiche Studie der EU-Polizei aber keinerlei Erwähnung findet ?
Die Europol-Studie hat sämtliche Terroranschläge, die 2006 in 11 EU-Ländern stattfanden, analysiert– von den 498 Anschlägen, die von den Euro-Polizisten untersucht wurden, hatte nach diesen Erkenntnis nur ein einziger einen “islamistischen” Hintergrund, es handelte sich um die verhinderten “Kofferbomber” im letzten Sommer in Deutschland. Zwei weitere angeblich geplante Anschläge in England und Dänemark, die im Vorfeld entdeckt wurden, wurden nicht in die Statistik aufgenommen. Die meisten Anschläge – 136 – werden der baskischen ETA zugeschrieben, insgesamt kamen bei allen 498 terroristischen Attacken in der EU im Jahr 2006 sage und schreibe zwei Menschen ums Leben.
Angesichts dieser Lage von einer “islamistischen Bedrohung” und “Gefahren des Terrorismus” zu reden, ist reine Demagogie. Kein Wunder also, dass diese Terror-Statistik keine Erwähnung fand – die “Terrorischten”, vor denen Wolfgang “Stasi 2.0” Schäuble uns schützen will, existieren einfach nicht, die Bedrohung durch Terrorismus ist für EU-Bürger deutlich niedriger als die Gefahr, vom Blitz getroffen zu werden.

Quelle

Somalia im Schatten der Aufmerksamkeit

Alfred Hackensberger

true-love-somalia.jpgDie nicht demokratisch legitimierte Regierung hat mit der Hilfe der USA und der äthiopischen Armee die Rebellen vorläufig besiegt, aber ein Ende des Konflikts ist nicht in Aussicht
Nach neuntägigen Kämpfen herrschte (1) am Freitag endlich wieder Ruhe in Somalias Hauptstadt Mogadischu Bereits am Donnerstag hatte der Premierminister der somalischen Interimsregierung, Ali Mohamed Gedi, den Sieg über die Rebellen der “Union Islamischer Gerichte” (ICU) verkündet. An ein Ende des Widerstands der ICU gegen die Regierung, die von einer äthiopischen Invasionsarmee und den USA militärisch unterstützt wird, glaubt allerdings niemand.
Somalia brennt – aber wen interessiert das? (2), lautete vor wenigen Tagen die Ãœberschrift eines Artikels der Nachrichtenagentur Reuters. Nicht treffender hätte man das Desinteresse der internationalen Medien und Politik am Konflikt am Horn von Afrika beschreiben können. Rund 1.300 Menschen wurden innerhalb eines Monats bei den schlimmsten Kampfhandlungen seit 16 Jahren in Somalia getötet. Etwa 400.000 Flüchtlinge (3) mussten Mogadischu verlassen und hausen meist irgendwo im Freien unter katastrophalen Bedingungen. “Wenn man die Zeitspanne von Februar bis heute nimmt, sagte Stephanie Bunker, die Sprecherin des UN-Hilfswerks, “wurden in Somalia mehr Menschen vertrieben, als irgendwo sonst in der Welt.” Die Flüchtlingszahlen in Somalia sind höher (4) als die im Irak, Darfur und Sri Lanka.

Im Gegensatz zu anderen Krisengebieten der Welt gibt es keine Versuche der internationalen Staatengemeinschaft, die Kampfhandlungen zu stoppen oder durch koordinierte Hilfsaktionen das Flüchtlingselend zu lindern. Dieses Desinteresse scheint typisch für Afrika zu sein. Man wartet, bis der Konflikt zu Ende ist, und verwaltet danach das Elend. Beispiele gibt es dafür genug und die Namen sprechen für sich: Eritrea, Äthiopien, Ruanda, Darfur oder auch Nigeria. Der schwarze Kontinent ist offensichtlich eine der letzten Spielwiesen, auf der sich die ehemaligen Kolonialländer und neuen Supermächte, nahezu angeachtet der Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit, austoben können oder ihre jeweiligen lokalen Stellvertreter freizügig gewähren lassen. Somalia, das seit dem Fall des Diktators Mohamed Said Barre im Jahr 1991 keine funktionierende Zentralregierung mehr hat, ist dafür ein Musterbeispiel. (mehr…)

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