Zum Vertrag von Lissabon nach dessen Ablehnung durch die Iren

Von Prof. Dr. Karl Albrecht Schachtschneider

Die Abstimmung der Iren war ein Akt der Freiheit, der für alle Völker der EU das Recht verteidigt hat. Jetzt entrüstet sich die politische Klasse über die Iren, die no zum Vertrag von Lissabon gesagt haben, und beweist ihre Verachtung der Menschen und Völker. Schon der erneute Vertragsschluss nach dem Scheitern des Verfassungsvertrages im Jahre 2005 in Frankreich und den Niederlanden war demokratisch ein Skandal. Solange nicht alle Völker über die schicksalhafte Entwicklung der Union zum Grossstaat abstimmen dürfen, leben wir in obrigkeitlichen Parteienstaaten, nicht in demokratischen Republiken, die Gemeinwesen der Freiheit und des Rechts sein wollen und sollen. Man wird die Iren erneut zwingen abzustimmen.

Schon darum muss der Widerspruch gegen die Unterdrückung durch die Eurokraten aufrechterhalten bleiben, durch Öffentlichkeitsarbeit, durch Wahlen, durch Prozesse.
Das Bundesverfassungsgericht wird die von mir betriebene Verfassungsbeschwerde so schnell als möglich entscheiden, hoffentlich hinreichend dem Recht verpflichtet. Bis dahin wird der Bundespräsident das Zustimmungsgesetz nicht unterzeichnen und den Vertrag nicht ratifizieren. Auch in Grossbritannien und in Tschechien sind die obersten Gerichte mit dem Vertrag befasst. Für Österreich bereite ich eine Verfassungsklage vor. (mehr…)

Nach deutschem Vorbild

Tomasz Konicz

Großbritannien marschiert in die Wirtschaftskrise, und New Labour schmiedet bereits die Folterinstrumente für das anwachsende Arbeitslosenheer

Die Töne britischer Wirtschaftswissenschaftler werden zunehmend schriller. David Blanchflower, Arbeitsökonom und Mitglied des Komitees für Monetärpolitik der Bank of England, sieht in einem Interview für den Guardian die britische Ökonomie »kopfüber in eine Rezession kippen, die mehr als ein Jahr andauern wird«. Großbritannien steuere laut dem Wirtschaftswissenschaftler auf eine Krise zu, die »schlimmer als in den USA« werden könnte, sollten nicht schnellstmöglich die Zinsen rapide gesenkt werden. In dem Interview vom 21. Juli warnte Blanchflower zudem, daß im Zuge der Krise »Hunderttausende ihre Arbeit verlieren« könnten. Der jüngste Anstieg der offiziellen Arbeitslosenrate auf 5,2 Prozent sei nur die »Spitze des Eisberges«.
Die regierende New Labour Party unter Premierminister Gordon Brown hat die Zeichen der Zeit verstanden und feilt bereits an einer umfangreichen Gesetzesinitiative. Diese darf dann durchaus als Antwort auf die sich anbahnende soziale Krise verstanden werden – ein breitangelegtes Programm zur Repression und Kontrolle des bald kräftig wachsenden Arbeitslosenheeres wird derzeit in der britischen Öffentlichkeit diskutiert. Im Zentrum dieses Maßnahmepakets steht – nach bundesdeutschem Vorbild – die Einführung von Zwangsarbeit, zu der Erwerbslose bei angedrohtem Entzug der ohnehin kümmerlichen Mittel zur Existenzsicherung genötigt werden sollen. (mehr…)

Deutscher Afghanistaneinsatz ohne politische Vernunft

Von Jürgen Rose

Mit der Übernahme der schnellen Eingreiftruppe QRF im Norden ist die Bundeswehr erstmals mit einem reinen Kampfverband in Afghanistan im Einsatz. Zeitgleich zum Beginn des Kommandos wurden deutsche Soldaten bei einem Anschlag verletzt. Der Kriegsschauplatz ist für westliche Truppen inzwischen gefährlicher als der im Irak, vor allem aber leidet die afghanische Bevölkerung, ausländische Helfer ziehen sich zurück. Die Koalition in Berlin will das Bundeswehr-Mandat dennoch im Herbst verlängern und 1000 weitere Soldaten entsenden.

«Wichtig ist, die Deutschen in Kunduz zu bekämpfen und zu töten. Die Deutschen sind der wichtigste Feind im Norden, und wegen ihrer Stationierung in Kunduz wird diese Stadt bald zum Kandahar des Nordens.» Die Ansage von Taliban-Kommandeur Qari Bashir Haqqani an die Bundeswehr vor wenigen Wochen macht deutlich, dass der Boden für die deutsche Isaf-Truppe auch in der stets als relativ friedlich dargestellten Besatzungszone Nord immer heisser wird. Aus den von ihr kontrollierten Gebieten im Süden stösst die afghanische Guerilla über Provinzen im Westen immer weiter auf die von den Deutschen gehaltenen Positionen vor. In blutigen Gefechten gelang es zwar den Isaf-Verbänden im Herbst 2007 und in diesem Frühjahr, die Organized Militant Forces genannten Feindkräfte zurückzuschlagen – aber nur vorläufig. Mitte Juni vermochten es die Taliban in einem spektakulären Handstreich, das Sarpossa-Gefängnis in Kandahar zu stürmen. Nicht nur die afghanische Staatsmacht, sondern auch die internationalen Besatzungstruppen wurden regelrecht vorgeführt.
Von daher erstaunt es nicht, dass die Pariser Afghanistan-Konferenz im Juni eine ernüchternde Bilanz des Nato-Militäreinsatzes gezogen hat. «Die Sicherheitslage ist seit Anfang 2006 deutlich instabiler geworden, vor allem im Süden und Osten des Landes, einige Distrikte sind nach wie vor grösstenteils unzugänglich für afghanische Amtsträger und Helfer. Etwa 6% aller Schulen wurden niedergebrannt oder geschlossen, wodurch etwa 200 000 Kinder nicht unterrichtet werden können. 220 Schüler und Lehrer kamen durch militärische Gewalt ums Leben», hiess es im Abschlusspapier. (mehr…)

Für Geschenke bestraft – Keine Hilfe für Hartz-IV-Kinder

ZDF Frontal21

Manuskript-Sendung vom 29. Juli 2008

Von Dana Nowak

Anmoderation:
Haben Sie jemanden in der Familie oder im Freundes- und
Bekanntenkreis, der von Hartz IV leben muss und dessen Kindern
Sie gerne mal etwas Gutes tun wollen, etwas das für andere
Kinder selbstverständlich ist? Und? Wie lösen Sie das? Heimlich
Geld zustecken, damit es auf dem Konto keine Spuren
hinterlässt? Dazu fühlen sich nicht wenige Hilfsbereite
gezwungen, denn das Geld für Kinder aus Hartz IV Familien wird
den Eltern von den Behörden - ganz oder teilweise - gleich wieder
abgezogen. So will es das Gesetz. Und auch das Geld, das
Jugendliche jetzt in den Sommerferien verdienen, wird bei den
Hartz-IV-Eltern teilweise wieder eingezogen. Das Ganze hat eine
innere Finanz-Logik, geht aber zu Lasten der Kinder. Dana
Nowak berichtet. (mehr…)

“Diese Ermächtigungsklauseln lassen schon an schlimmere Zeiten denken”

Peter Mühlbauer

Ein Interview mit Professor Karl Albrecht Schachtschneider zum Lissabon-Vertrag, Teil 1

Karl Albrecht Schachtschneider, ordentlicher Professor em. an der Universität Erlangen-Nürnberg und Autor zahlreicher rechtswissenschaftlicher Schriften, gehört zu den sehr wenigen Menschen, die den fast 500 Seiten umfassenden Lissabon-Vertrag nicht nur komplett gelesen, sondern auch auf seine möglichen und wahrscheinlichen Konsequenzen hin abgeklopft haben. Derzeit führt er für den Abgeordneten Peter Gauweiler, aber auch im eigenen Namen eine Klage gegen den Vertrag vor dem Bundesverfassungsgericht.

Herr Professor Schachtschneider, Sie sagen, der Lissabon-Vertrag ‘entdemokratisiert die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten.’ Warum genau ist das so?

Professor Schachtschneider: Das ist das größte Problem der Unionsverträge. Ich darf die Grundlagen des demokratischen Prinzips ansprechen: Nur ein Volk kann demokratisch legitimieren. Das europäische Volk, das durch das Europäische Parlament vertreten werden könnte, gibt es nicht. Deswegen hat die Europäische Union keine originäre Hoheit.
Darum werden auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Rechtsetzungsakte der Europäischen Union durch die nationalen Parlamente legitimiert – in Deutschland also durch den Bundestag und den Bundesrat – und nicht durch das Europäische Parlament. Das Gericht sagt, dieses stützt nur die demokratische Legitimation, kann diese aber erst ergeben, wenn das Parlament anders gewählt wird. Das ist das Entscheidende: Das Parlament wird nicht gleichheitlich gewählt. Das Stimmgewicht jedes Wählers muss ‘gleich’ sein, das heißt, es darf nach ständiger Rechtsprechung allenfalls um 33% vom Stimmgewicht anderer Wähler abweichen. Auch in der Entscheidung, die das Bundesverfassungsgericht unlängst zu den Ãœberhangmandaten fällte, ging es um dieses Stimmgewicht. Bei europäischen Wahlen weicht das Stimmgewicht aber um bis zu 1200% ab, nämlich im Verhältnis der deutschen Bürger zu den Bürgern Maltas. Das Europäische Parlament kann also die demokratische Legitimation nicht erbringen. (mehr…)

Aufrüstungsgebot, EuGH und Korruptionsanreize, Teil 2

Weltwirtschaftliches Wirken der EU, Parteienstaat und Ethnogenese, Teil 3

Noam Chomsky - ein Interview von Vincent Navarro

von Noam Chomsky und Vincent Navarro

Ãœbersetzt von: Andrea Noll - Znet

Download Mega-PosterNavarro: Vielen, vielen Dank, dass Sie uns eingeladen haben.


Chomsky: Ich freue mich, dass Sie mir die Möglichkeit geben, mit Ihnen zu reden. [...]

Ich möchte mit Ihnen ein wenig über Sie selbst und die USA sprechen. Außerhalb der USA gelten Sie als der bekannteste US-Intellektuelle. Den meisten Menschen, die nicht in Amerika leben, ist wohl nicht ganz klar, was es bedeutet, dass der bekannteste amerikanische Intellektuelle sehr selten in den US-Medien erscheint. Auf den großen Sendern - CBS, NBC und den vielen anderen - sehen wir Sie nie. Für Viele ist das unverständlich - schließlich wird Amerika immer wieder als eine extrem aktive und dynamische Demokratie dargestellt und idealisiert. Viele begreifen nicht, wie sehr die Linke in Amerika diskriminiert ist. Diese Diskriminierung findet selbst innerhalb der Linken des liberalen Establishments statt. Was sagen Sie dazu? Wie erklären Sie sich die Diskriminierung in den meisten Foren?


Ich denke, die Kreise, die mich am meisten fürchten und ablehnen, sind wohl die links-liberalen intellektuellen Zirkel. Ein Beispiel - in graphischer Form - hängt eingerahmt direkt vor meiner Tür, falls Sie einen Blick darauf werfen wollen. Es ist eines meiner Lieblings-Cover und stammt von der Titelseite von The American Prospect. Dieses Magazin ist das mehr oder weniger offizielle Journal der links-liberalen Intellektuellen. Auf dem Titelbild ist dargestellt, unter welch schrecklichen Bedingungen sie zu überleben versuchen, welche enormen Kräfte sie praktisch zerstören. Man sieht zwei Typen mit wütenden, aggressiven Gesichtern. Der eine ist Dick Cheney (mit dem Pentagon), auf der anderen Seite bin ich abgebildet. (Man sieht), wie die links-liberalen Intellektuellen zwischen diesen beiden gewaltigen Kräften feststecken. Das Bild verdeutlicht ihre Paranoia und Sorge über einen möglichen minimalen Bruch mit der Orthodoxie. Typischerweise haben die liberalen Intellektuellen die Funktion eines Torwächters (nicht nur in den USA): Bis hierher und keinen Millimeter weiter. Die Vorstellung, dass einer auch nur einen Millimeter weiter geht, ist für sie ein Horror. Das gilt auch für sämtliche große Medien. Stimmt, die USA sind ein sehr freies Land, das freieste in der Welt. Ich glaube beispielsweise nicht, dass die Redefreiheit irgendwo auf der Welt mehr geschützt wird. Aber die USA sind auch eine sehr gelenkte Gesellschaft, eine von der Geschäftswelt gelenkte Gesellschaft, sehr sorgfältig gemanagt, mit sehr strikten, doktrinären Erwartungen. Abweichungen werden nicht geduldet - das wäre zu gefährlich. (mehr…)